Schutz gegen fliegenden Schrott: Ein neues Lasersystem soll künftig Satelliten rechtzeitig vor Weltraumschrott warnen. An Bord installiert, ortet das System selbst kleine Trümmerteile mithilfe von ultrakurzen Laserpulsen. Dabei hat es trotz geringen Energieverbrauchs eine hohe Reichweite, wie die Forscher berichten. Einen ersten Test bei einem Andockmanöver an der Raumstation ISS hat das Lasersystem bereits absolviert.
Es wird voll im Orbit: Neben den aktiven Satelliten kreist immer mehr Weltraumschrott in der Erdumlaufbahn. Er besteht aus ausgedienten Satelliten und Weltraumobservatorien wie dem ESA-Satelliten Envisat, aber auch hunderttausenden von kleineren Trümmerteilen, die bei Explosionen oder Zusammenstößen von Satelliten freigesetzt wurden. Vor allem im niedrigen Erdorbit wird dieser Weltraumschrott immer mehr zur akuten Gefahr. Denn mit Geschwindigkeiten von sieben bis acht Kilometern pro Sekunde wird selbst ein winziges Metallteilchen zu einem alles durchschlagenden Geschoss.
Ergänzung zum Radar
Um fatale Kollisionen zu verhindern, werden zumindest die größeren Schrottteile im Orbit ständig mittels Radar überwacht. Durch komplexe Prognosen der Flugbahn ermittelt das Überwachungssystem, ob aktive Satelliten oder die Raumstation ISS in Gefahr sind und ein Ausweichmanöver fliegen müssen. Doch diese Radarsysteme erfassen nur die größeren Trümmer und dies auch nur von der Erdoberfläche aus.
Direkt im Erdorbit soll dagegen künftig ein Laser-System arbeiten, das Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena entwickelt haben. „Mit unserem robusten und effizienten System kann die genaue Lage und Bewegungsrichtung von Objekten im Erdorbit zuverlässig und zentimetergenau bestimmt werden“, erläutert Thomas Schreiber vom IOF.
Harte Bedingungen
Bisher eigneten sich Laser nur bedingt zum Einsatz im Orbit, weil sie den extremen Bedingungen nicht gewachsen waren und den hohen Anforderungen nicht genügten. „Lasersysteme wie das unsrige müssen außerordentlich leistungsfähig sein, um den extremen Bedingungen des Weltalls standhalten zu können“, erklärt Schreiber.
So sind die Geräte während des Starts der Trägerrakete sehr starken Vibrationen ausgesetzt, im Orbit kommen dann noch eine hohe Strahlungsbelastung und extreme Temperaturschwankungen dazu. Für die Überwachung von Weltraumschrott muss der Laser zudem möglichst energiesparend arbeiten und trotzdem eine hohe Reichweite besitzen, damit er Trümmerteilchen schon aus weiter Entfernung detektieren kann.
Ortung über ultrakurze Laserpulse
Um diese Anforderungen zu erfüllen, haben Schreiber und seine Kollegen ein auf einem speziellen Faserlaser basierendes Überwachungssystem entwickelt. „Zur notwendigen Bestimmung von Geschwindigkeit, Bewegungsrichtung und Eigenrotation der Objekte werden sehr kurze Laserpulse, die nur wenige Milliardstel einer Sekunde andauern, an verschiedene Positionen im Raum geschossen“, erklärt Schreibers Kollege Oliver de Vries. „Tausende Impulse pro Sekunde sind mit unserem Lasersystem möglich.“
Damit die Laserpulse über Kilometer hinweg strahlen können, wird der Laserstrahl zunächst durch eine Glasfaser geleitet und verstärkt, um anschließend ins All gesendet zu werden. Trifft er dort auf ein Objekt, reflektiert dieses einen Teil des Laserlichts. Ein spezieller, direkt in das System integrierter Scanner fängt diese Reflexionen ein und ermittelt aus ihrer Laufzeit die Position des Trümmerteilchens.
Erfolgreicher Test an der ISS
Das neue System wurde bereits erfolgreich bei einem Andock-Manöver des europäischen Raumtransporters ATV an die Internationale Raumstation ISS getestet. Dabei übernahm das Lasersystem die Rolle eines Annäherungssensors und ermittelte während des Andockens die Position und Geschwindigkeit der beiden Partner.
Das neue Lasersystem hat sich nicht nur bei dem Test bewährt, es punktet auch in Sachen Energieverbrauch, wie die Forscher berichten: Der Faserlaser arbeitet bei voller Leistung insgesamt mit weniger als zehn Watt – deutlich weniger als beispielsweise ein handelsüblicher Laptop.
(Fraunhofer-Gesellschaft, 05.09.2017 – NPO)