Es gibt kein Zurück: Licht lässt sich in eine festgelegte Richtung zwingen – dank einer neuen Technik auch im Nano-Maßstab. Mit an Glasfasern gekoppelten Atomen haben Wissenschaftler eine „Nano-Einbahnstraße“ entwickelt, welche die Richtung selbst einzelner Photonen kontrollieren kann. So wie eine Diode in elektrischen Schaltkreise den Stromfluss manipuliert, könnten sich mit der neuen Methode auch Quanteninformationen auf optischem Wege verarbeiten lassen, schreiben die Forscher im Journal „Physical Review X“.
Licht breitet sich von seiner Quelle normalerweise gleichmäßig in alle Richtungen aus, von links nach rechts wie von rechts nach links. Bereits mit einem einfachen Spiegel kann man Lichtstrahlen jedoch auch zur Lichtquelle zurückwerfen. Mit komplizierteren Methoden lässt sich das Licht auch abbremsen, stoppen oder beschleunigen. Sogenannte „optische Isolatoren“ schließlich zwingen Lichtstrahlen auf eine Einbahnstraße: Sie lassen das Licht nur in einer Richtung passieren, sind in der Gegenrichtung aber licht-undurchlässig.
Kein Faraday-Effekt im Nano-Maßstab
„Die meisten bisherigen optischen Isolatoren beruhen auf dem sogenannten Faraday-Effekt: Man legt ein starkes Magnetfeld an ein transparentes Material an, das sich zwischen zwei gegeneinander verdrehten Polarisationsfiltern befindet“, erklärt Arno Rauschenbeutel von der Technischen Universität Wien. „Die Richtung des Magnetfelds legt dann fest, in welche Richtung Licht diese Anordnung passieren kann.“
Doch im Nano-Maßstab waren solche Bauteile bislang nicht möglich – und das ist schade, denn Bedarf dafür gäbe es genug: „Man versucht heute, optische integrierte Schaltkreise zu bauen, mit ähnlichen Funktionen wie man sie aus der Elektronik kennt“, sagt Rauschenbeutel. Alternative Methoden zum Faraday-Effekt funktionieren aber nur bei sehr starkem Licht. Und in der Nanotechnologie möchten Forscher auch winzige Lichtsignale verarbeiten können, bis hin zu Lichtpulsen, die bloß aus einzelnen Photonen bestehen.
Polarisation beschreibt Licht-Richtung
Das Team um Rauschenbeutel geht darum einen ganz anderen Weg: Die Wissenschaftler koppeln Alkali-Atome wie Cäsium oder Rubidium an das Lichtfeld in ultradünnen Glasfasern. In einem Glasfaserkabel kann sich das Licht in zwei Richtungen ausbreiten – vorwärts und rückwärts. Allerdings gibt es bei Licht noch eine weitere Eigenschaft, die man berücksichtigen muss: Die Schwingungsrichtung der Lichtwelle, auch Polarisation genannt.
Durch die Wechselwirkung zwischen der Lichtwelle und der ultradünnen Glasfaser wird ihr Schwingungszustand verändert. „Die Polarisation dreht sich wie der Rotor eines Helikopters“, verdeutlicht Rauschenbeutel. Die Drehrichtung hängt dabei davon ab, ob das Licht in der Glasfaser vorwärts oder rückwärts läuft. Einmal schwingt das Licht im Uhrzeigersinn, einmal dagegen. Ausbreitungsrichtung und Schwingungszustand des Lichts sind also fest miteinander verknüpft.
Einbahnstraßen-Faser wirkt als Licht-Diode
Sind die Alkali-Atome jedoch richtig präpariert und mit der Glasfaser verbunden, können sie sich je nach Licht-Rotationsrichtung unterschiedlich verhalten: „Das Licht in der Vorwärtsrichtung wird von den angekoppelten Atomen nicht beeinflusst“, erklärt Rauschenbeutel. In der Gegenrichtung jedoch interagiert das Licht mit den Atomen und wird von diesen aus der Glasfaser gestreut, so der Forscher weiter.
So wie eine Diode elektrischen Strom nur in eine Richtung fließen lässt, kann das Licht eine solche Glasfaser nur in einer Richtung passieren. Diese Einbahnregelung gilt auch dann noch, wenn das Licht bloß aus einzelnen Photonen besteht.
Quantenphysikalische Licht-Manipulation
Im Labor erreichten die Wissenschaftler diesen Effekt zunächst mit etwa 30 entlang der Glasfaser aufgereihten Cäsiumatomen. Diese Faser ließ in der einen Richtung fast 80 Prozent des einfallenden Lichtes durch. Entgegen der „Einbahnstraße“ kam fast zehnmal weniger Licht ans Ziel. In einem Folgeexperiment reichte sogar nur ein einziges Rubidiumatom aus. Dabei speichern die Forscher das Licht in einem sogenannten optischen Mikroresonator, so dass es für relativ lange Zeit in Kontakt mit dem Atom treten kann.
„Wenn wir nur ein einziges Atom verwenden, können wir den Prozess noch viel subtiler steuern“, erklärt Rauschenbeutel. „Man kann dieses Atom dann in einen Zustand versetzen, in dem es das Licht sowohl sperrt als auch durchlässt.“ Nach den Regeln der klassischen Physik ist das unmöglich – in der Quantenphysik sind solche Überlagerungen unterschiedlicher Zustände aber erlaubt. Damit ergeben sich den Forschern zufolge spannende neue Möglichkeiten für die optische Verarbeitung von Quanteninformationen. (Physical Review , 2015; doi: 10.1103/PhysRevX.5.041036)
(Technische Universität Wien, 15.12.2015 – AKR)