Physik

Magnetische Tornados wirbeln in der Nanowelt

Magnetische Nanokerne als Datenspeicher der Zukunft?

Mikromagnetische Simulation: Magnetisierung der Vortex-Antivortex-Struktur im Grundzustand (oben) und nach einem Magnetpuls (unten). © FZD

Physikern ist es gelungen, ungewöhnliche magnetische Wirbel um drei magnetische Nanokerne in einer dünnen Schicht zu erzeugen. Mithilfe der anschließenden Untersuchungen an einer Synchrotron-Anlage konnten sie zudem erstmals die unvorhersagbaren Bewegungsmuster der drei magnetischen Tornados zeigen, so die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“.

Dieses Jahr wurde der Nobelpreis Physik für eine Entdeckung auf dem Gebiet des Magnetismus vergeben. Die Nobelpreisträger Fert/Grünberg konnten bei ihrer grundlagenorientierten Forschung sicherlich nicht voraussehen, wie schnell sich die Anwendungen ihres Effektes in Computer-Festplatten durchsetzen würden.

Auch Karsten Küpper und Jürgen Fassbender vom Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD) untersuchen grundlegende physikalische Fragestellungen zum Magnetismus, deren potentielle Anwendungen bisher nur zu erahnen sind. Dabei spielen magnetische Wirbelstrukturen in der Nanowelt – ein Nanometer entspricht einem Millionstel Millimeter – eine entscheidende Rolle. Da die magnetischen Kerne in der Mitte der erzeugten Wirbel mit nur rund zehn Nanometern sehr klein sind und die Magnetisierungsrichtung der Kerne zugleich sehr stabil ist, gelten diese in der Fachwelt als mögliche Kandidaten für nichtflüchtige Datenspeicher der Zukunft.

Wie der Wind bei einem Wirbelsturm

Noch sind die Physiker aber vor allem an den grundlegenden Phänomenen der magnetischen Wirbel interessiert, die erst vor wenigen Jahren im Experiment entdeckt wurden. Man stelle sich ein sehr dünne kreisrunde Scheibe mit nur wenigen Mikrometern Durchmesser vor, die aus magnetischem Material besteht. Das magnetische Feld verläuft kreisförmig, ähnlich wie der Wind bei einem Wirbelsturm. In der Mitte dieser Scheibe existiert ein winzig kleiner Kern von nur rund 20 Atomen, den man mit dem Auge des Wirbelsturms vergleichen kann.

Wenn man nun ein Magnetfeld von außen anlegt, dann bewegt sich der Kern weg von der Mitte zum Rand der Scheibe hin. Stellt man das äußere Magnetfeld schlagartig wieder ab, dann bewegt sich der Kern auf einer Spiralbahn mit oder gegen den Uhrzeigersinn zur Kreismitte zurück. Der Kern zeichnet sich im Gegensatz zu den Verwirblungen auf der Scheibe durch ein stabiles magnetisches Feld aus, das senkrecht zur Scheibe steht und entweder nach oben oder nach unten zeigt. Solch ein magnetischer Wirbel wird Vortex genannt. Für jeden Vortex können vier Bewegungszustände vorliegen: rechts- oder linksdrehende magnetische Verwirbelungen auf der Scheibe kombiniert mit einem auf- oder abwärts gerichteten Magnetismus für den Kern.

Da zu jedem physikalischen Grundzustand ein Anti-Zustand existiert, gibt es zu einem Vortex auch einen Antivortex (vergleichbar mit Teilchen und Anti-Teilchen). Den Physikern des FZD ist es jetzt erstmals gelungen, die Bewegungen zweier Wirbel mit einem Anti-Wirbel in einer dünnen ferromagnetischen Schicht zu studieren. Normalerweise würden sich ein Wirbel und ein Anti-Wirbel sofort gegenseitig auslöschen, doch zwei Wirbel, die um einen Anti-Wirbel angeordnet sind, bilden eine sehr stabile Einheit.

Bewegungsmuster von Anti-Wirbeln erstmals beobachtet

Die Untersuchungen der Bewegungsmuster wurden an der „Swiss Light Source“ am Paul Scherrer Institut in der Schweiz durchgeführt. Auch hier waren Fragen aus der Grundlagenphysik leitend: Wie beeinflussen sich die magnetischen Kerne der beiden Wirbel und der Anti-Wirbel gegenseitig in ihrer Dynamik – stoßen sie sich ab, ziehen sie sich an oder vernichten sich ein Wirbel mit einem Anti-Wirbel? Werden Bewegungen abgebremst oder verstärkt? Welche Rolle spielen die Domänenwände für die Dynamik der Konfiguration?

Fassbender: „Wir konnten insbesondere das Bewegungsmuster von Anti-Wirbeln zum allerersten Mal beobachten. Die Wechselwirkung der drei Kerne verstehen wir jetzt durch den Vergleich mit Simulationsrechnungen viel besser. Außerdem ist es uns gelungen, die Ausrichtung des Magnetfelds im Kern der Wirbel über die jeweiligen Bewegungsmuster zu bestimmen, obwohl die eigentlichen Kerne kleiner sind als das Auflösungsvermögen des Mikroskops.“

Weitere Forschung nötig

Das Team um Fassbender wird die Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der magnetischen Tornados fortsetzen. Als nächstes wollen die Wissenschaftler versuchen, einen einzelnen Anti-Wirbel herzustellen, dessen Magnetisierungs-Dynamik bisher noch gar nicht beobachtet werden konnte. Versteht sie dann die Eigenschaften dieses einen Anti-Wirbels, können sie die Dynamik komplexerer Strukturen besser erklären.

(idw – Forschungszentrum Dresden – Rossendorf, 07.12.2007 – DLO)

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