Kompakter Bolide: Ein nur zehn Zentimeter langer Teilchenbeschleuniger hat Elektronen erstmals bis auf Energien von zehn Gigaelektronenvolt beschleunigt – das ist neuer Rekord. Möglich wurde dies, weil der von einem Petawatt-Laser getriebene Plasma-Kielwellen-Beschleuniger eine neuartige Ergänzung aufwies: Das Heliumgas seiner Beschleunigerkammer ist mit Aluminium-Nanopartikeln angereichert. Diese erhöhen die Ladungsdichte im Gas und verstärken so die Beschleunigung, wie die Physiker berichten.
Bisher sind Teilchenbeschleuniger meist kilometerlange Anlagen, doch es geht auch anders: In den letzten Jahren haben Wissenschaftler miniaturisierte Beschleuniger für Elektronen entwickelt, die maximal tischgroß sind, oft sogar noch deutlich kleiner. Bei den meisten dieser Plasma-Beschleuniger kommt die Kielwellen- oder Wakefield-Technologie zum Einsatz. Dabei werden starke Laserpulse durch eine Kammer mit einem gasförmigen Plasma geschossen. Dies erzeugt ein kielwellenförmiges elektrisches Feld, das die Elektronen des Plasma mitreißt und beschleunigt.
Der Vorteil: Diese Plasmabeschleuniger erzeugen wesentlich steilere Beschleunigungsgradienten als klassische Großanlagen. Dadurch reichen wenige Zentimeter Strecke aus, um Elektronen bis in den Gigaelektronenvolt-Bereich zu beschleunigen. Der bisherige Rekord für einen Plasma-Kielwellen-Beschleuniger lag bei gut acht Gigaelektronenvolt auf 20 Zentimeter.
Heliumgas und Aluminium-Nanopartikel
Jetzt ist es einem Team um Constantin Aniculaesei von der University of Texas in Austin gelungen, diesen Rekord zu überbieten. Sie haben einen Laser-Beschleuniger entwickelt, der Elektronen auf zehn Zentimetern auf Energien von bis zu zehn Gigaelektronenvolt beschleunigen kann. Möglich wurde dies durch eine entscheidende Ergänzung ihres Systems: Als Elektronenlieferanten dienen neben dem Plasma aus Heliumgas auch spezielle Nanopartikel.
Dafür enthält die gasgefüllte, rund zehn Zentimeter lange Beschleunigerkammer eine kleine Aluminiumplatte, die direkt vor der eigentlichen Beschleunigungsphase von einem sekundären Laser angestrahlt wird. Dadurch setzt sie Aluminium-Nanopartikel frei, die sich mit dem Helium mischen. Wenn nun diese Mischung durch die 135 Femtosekunden kurzen Pulse des Petawatt-Beschleunigerlasers bestrahlt wird, wandelt dies das Helium zum Plasma und ionisiert auch die Aluminium-Nanopartikel.
Zehn Gigaelektronenvolt auf zehn Zentimetern
„Die Nanopartikel geben ihre Elektronen genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort frei“, erklärt Seniorautor Bjorn Manuel Hegelich von der University of Texas. „Wir bekommen so mehr Elektronen genau dann in die Kielwelle, wenn wir sie brauchen – das ist unsere geheime Zutat.“ Tatsächlich legen theoretische Modelle nahe, dass solche Nanopartikel zusätzliche Elektronen in die Kielwelle bringen und damit die Ladungsdichte erhöhen können. Das macht die Beschleunigung effektiver.
In den Tests dieses Plasmabeschleunigers erreichten die Physiker in Kontroll-Durchgängen ohne die Nanopartikel „nur“ Energien von rund zwei Gigaelektronenvolt. Beim Einsatz der Aluminium- Nanopartikel erhöhte sich die Energie dagegen deutlich: Der Mini-Beschleuniger brachte die Elektronen bis auf gut zehn Gigaelektronenvolt – auf einer Strecke von nur zehn Zentimetern, wie Aniculaesei und sein Team berichten.
Genauer Mechanismus noch unklar
Damit hat der Miniatur-Plasmabeschleuniger einen neuen Weltrekord aufgestellt. Tatsächlich gibt es in den USA nur zwei Teilchenbeschleuniger, die überhaupt diese Elektronenenergien erreichen können – und beide sind mehr als drei Kilometer lang, wie die Forschenden erklären. Sie haben bereits ein Patent für ihren Nanopartikel-Plasmabeschleuniger eingereicht. Wie genau die Nanopartikel diese hohen Energien ermöglichen, ist allerdings noch unklar.
„Zurzeit haben wir kein befriedigendes theoretisches Modell oder eine experimentelle Erklärung dafür, dass so hohe Elektronenenergien erzeugt werden“, schreiben Aniculaesei und seine Kollegen. „Wir untersuchen aktuell mehrere theoretische Szenarien.“ Parallel dazu arbeitet das Team bereits daran, auch den für den Plasmabeschleuniger nötigen Hochleistungslaser zu miniaturisieren. Das würde die gesamte Anlage noch kompakter machen. (Matter and Radiation at Extremes, 2023; doi: 10.1063/5.0161687)
Quelle: University of Texas at Austin