Chelatoren – abgeleitet vom griechischen Wort für „Krebsschere“ – sind kleine organische Moleküle, die geladene Atome oder andere kleine Moleküle mit Hilfe mehrerer Bindestellen in die Zange nehmen und festhalten. Im Fall positiv geladener Metallionen gelingt das sehr gut. Schwierig war es dagegen, passende Chelatoren für negativ geladene Anionen wie Chlorid oder Fluorid zu entwerfen – bis jetzt.
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Denn nun haben Wissenschaftler ein Donut-förmiges Molekül synthetisiert, das auch Chloridionen fest und selektiv in seiner Mitte aufnimmt. Wie sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, sind es Wasserstoffbrückenbindungen, die das Chlorid an Ort und Stelle halten.
Geladene Atome oder Moleküle spielen eine wichtige Rolle in der Natur, für die Funktionen unseres Körpers, für die Wissenschaft und Technik. Oft ist es notwendig, die Ionen einzufangen, zu entfernen, zu maskieren, zu stabilisieren, oder zu transportieren. Mit einer so genannten Chelattherapie werden beispielsweise Schwermetalle bei einer Vergiftung ausgeschwemmt. Kationen auf diese Weise zu binden, ist gang und gäbe. Organische Moleküle zu entwerfen, deren positiv geladene „Greifarme“ so angeordnet sind, dass sie Anionen fest und selektiv einfangen, gelang bisher nicht.
Zufall als Pate
Amar Flood und Yongjun Li von der Indiana University in Bloomington (USA) fanden den neuen Anionen-Chelator mehr durch Zufall, als sie verschiedene Makrocyclen herstellten – mit Hilfe einer als „Klick-Chemie“ bezeichneten, kostengünstigen, flexiblen Synthesemethode, Moleküle auf einfache und effiziente Weise zu großen Einheiten zusammenzufügen. Die Forscher klickten vier kleine Ringe zu einem großen zusammen, dabei entstehen weitere vier Ringe.
Fünfringe aus drei Stickstoff- und zwei Kohlenstoffatomen – so genannte Triazolringe – sind nicht nur ein Nebenprodukt der Klick-Chemie, sondern essenziell für die Bindung des Chloridions, das sich in der freien Mitte des Donut-Rings gemütlich „einkuscheln“ kann. Die Triazole halten das Chloridion über Wasserstoffbrückenbindungen fest – erstaunlich, denn bisher nahm man an, dass Wasserstoffbrücken nicht stark genug sind für eine ausreichend stabile Bindung eines Halogenidions in einem Chelatkomplex.
Bald eine ganze Familie neuer Chelatoren?
Vermutlich spielt dabei eine wichtige Rolle, dass in dem formstabil vorgeformten Makrozyklus die Bindestellen bereits in der passenden Weise präorganisiert sind und sich der Chelator nicht erst um das Ion herum arrangieren muss, wie bei offenkettigen Chelatoren der Fall.
Die anderen vier nicht bindenden Ringe des Donuts können fast beliebig variiert werden, so dass sich die Forscher eine ganze Familie neuer Chelatoren erhoffen, die ein ganzes Spektrum anderer Anionen mit hoher Spezifität binden könnten.
(idw – Gesellschaft Deutscher Chemiker, 12.03.2008 – DLO)