Technik

Miniatur-Spektrometer fürs Smartphone

Forscher entwickeln günstiges Infrarot-Spektrometer in Chipgröße

Spektrometer-Chip
Das neue Miniatur-Spektrometer ist in einen Chip integriert, hier ist der gesamte Wafer in einen Testaufbau eingespannt. © Fraunhofer ENAS

Gefälschte Arzneimittel enttarnen? Wasserproben selbst untersuchen? Die Luftqualität überprüfen? All das könnte künftig per Smartphone möglich sein. Denn Forscher haben ein Miniatur-Spektrometer entwickelt, das sich kostengünstig in Massen produzieren und beispielsweise in ein Handy integrieren ließe. Das Gerät sendet Infrarotlicht aus und analysiert das Spektrum der reflektierten Strahlung.

Spektrometer sind aus der modernen Analytik und Chemie kaum mehr wegzudenken. Diese Geräte bestrahlen eine Probe mit Licht und zeichnen anschließend das Spektrum des reflektierten oder durch die Probe hindurchgestrahlten Lichts auf. Weil Atome und Moleküle charakteristische Absorptionslinien im Spektrum hinterlassen, lässt sich anhand der spektralen Signaturen die chemische Zusammensetzung der Probe ermitteln.

Bisher allerdings sind Spektrometer teure und meist klobige Laborgeräte, die sich eher weniger für einen mobilen Masseneinsatz eignen. Zudem ist die Technik empfindlich und die Bedienung meist kompliziert – auch das macht sie nicht gerade alltagstauglich.

Miniatur-Spektrometer für ein Euro

Doch das könnte sich nun ändern. Ein Forscherteam um Alexander Weiß vom Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme (ENAS) hat ein Infrarot-Spektrometer entwickelt, das extrem miniaturisiert und in einen Chip integriert ist. „Unser Infrarot-Spektrometer wiegt nur etwa ein Gramm und soll perspektivisch nicht mehr kosten als einen Euro“, sagt Weiß. „Damit ließe es sich beispielsweise in Smartphones integrieren.“

Doch wie ist es dem Forscherteam gelungen, die Baugröße des Spektrometers derart stark zu reduzieren? „Herkömmliche Spektrometer bestehen meist aus diskreten mehr oder weniger gut integrierten Komponenten. Wir haben dagegen sowohl die Führung der Strahlung als auch die Spaltung der einzelnen Wellenlängen und die Detektion in einer Ebene integriert – wir sprechen daher auch von einem Inplane-Spektrometer“, erläutert Weiß.

Spektrometer-Bauteile in einen Chip integriert

Konkret besteht das Miniatur-Spektrometer aus einem Halbleiter-Chip, in dem Wellenleiter, Lichtfilter und Detektoren als Nanostrukturen integriert sind. Das von einer Probe reflektierte Infrarotlicht wird durch einen „Lichtkamm“ zerlegt und mittels integrierter Wellenleiter zu einem Detektor geführt. Für die Analyse von Luftproben steht zudem eine spezielle, in der Ebene integrierte Absorptionszelle zur Verfügung, die vom Teststrahl durchschienen wird.

Für die geringen Kosten des Systems sorgt die Herstellungstechnik: „Wir haben das Spektrometer so entworfen, dass es sich über die herkömmlichen Technologien der Mikrosystemtechnik in Massenfertigung kostengünstig produzieren lässt“, erklärt Weiß. „Hersteller können direkt auf die Prozesse setzen, die bei den großen Fabrikationslinien, kurz FABs, Standard sind.“

Einfache Anwendung

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Einfachheit der Nutzung: Soll das Spektrometer künftig beispielsweise in Smartphones integriert werden, muss sich das System einfach und intuitiv bedienen lassen und dem Nutzer klare Ergebnisse vorlegen. Möglich wird dies unter anderem durch lernfähige Algorithmen. „Setzt eine große Menge von Menschen die Technologie ein, lernt das System schnell dazu“, sagt Weiß.

Die Anwendung ist dadurch sehr einfach: Man zückt sein Handy, startet das Spektrometer über eine spezielle App, hält es über eine Probe und bekommt zusätzlich eine Handlungsanleitung, wie die Messung korrekt durchgeführt wird. Das Spektrometer erstellt automatisch das Spektrum, und die Software vergleicht es mit Vergleichsspektren, die durch Fachpersonal in einer Datenbank hinterlegt wurden. Je mehr Nutzer das System verwenden, desto größer werden die Vergleichsmöglichkeiten.

Vom Medikamenten-Check bis zur Luftmessung

Anwendungsmöglichkeiten für ein solches Mini-Spektrometer im Alltag gäbe es einige: So könnte man damit beispielsweise kontrollieren, ob ein im Internet bestelltes Medikament tatsächlich den angegeben Wirkstoff enthält oder ob einem nicht doch eine unwirksame oder anders zusammengesetzte Fälschung untergejubelt wurde. Für die Antwort reicht es, einfach eine Tablette vor das Handy-Spektrometer zu legen und zu messen.

Aber auch andere Einsatzbereiche sind denkbar, beispielsweise könnte das Spektrometer eingesetzt werden, um Nahrungs- und Futtermittel hinsichtlich des Reifgrades oder mikrobielle Zersetzungen zu beurteilen, die Luftqualität in Innenräumen und Fahrzeugen zur gesteuerten Klimatisierung zu messen oder auch Schadstoffe in Luft, Wasser oder Nahrung zu detektieren.

In zwei Jahren auf dem Markt

Erste Spektrometer-Chips haben die Forscher bereits hergestellt, der „Proof-of-Concept“ ist damit erbracht. Nun stehen verschiedene weitere Tests auf dem Programm: Bewegen sich die einzelnen Komponenten wie gewünscht? Wird das Licht, das in die Wellenleiter eingekoppelt wird, in ausreichendem Maß weitergeleitet? Laufen diese Untersuchungen wie erhofft, könnte das Spektrometer in etwa zwei Jahren den Weg in den Massenmarkt finden.

Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft

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