Ein Schwarm Nanomaschinen, der zielgerichtet durch die Blutbahn saust und ein Organ repariert oder einen Wirkstoff an seinem Zielort abliefert – was wie Science-Fiction klingt, ist eine durchaus realistische Zukunftsperspektive. Amerikanische Forscher sind diesem Ziel jetzt ein Stück näher gekommen. Sie haben Silberchlorid-Mikropartikel entwickelt, die sich fast wie lebende Einzeller zu „Schwärmen“ zusammenfinden können.
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Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ berichten, sondern die Teilchen bei UV-Bestrahlung Signalsubstanzen ab, die andere Partikel anlocken.
Große Fortschritte bei Nanomotoren
Bei der Herstellung autonom arbeitender Nano- und Mikromotoren sind bereits erstaunliche Fortschritte gemacht worden, allerdings hapert es bisher noch am Teamgeist der kleinen Maschinen. Um anspruchsvolle Aufgaben erfüllen zu können, müssen die einzelnen Maschinen so untereinander kommunizieren und kooperieren, wie lebende Zellen und Organismen, die in der Lage sind, Informationen auszutauschen und im Team Aufgaben zu erfüllen.
So sondern etwa einzellige Schleimpilze unter ungünstigen Lebensbedingungen eine spezielle Substanz ab. Benachbarte Schleimpilze folgen dem Gradienten dieses Signalstoffs und lagern sich in Form eines mehrzelligen Fruchtkörpers zusammen.
Ähnlich wie der Schleimpilz verhalten sich auch die winzigen Silberchloridpartikel der Forscher um Ayusman Sen von der Pennsylvania State University (USA) in deionisiertem Wasser, wenn sie mit UV-Licht bestrahlt werden. Unter UV wird Silberchlorid zersetzt, dabei werden Ionen frei, die gleichzeitig als Antriebsmechanismus und als Signalstoff wirken.
Silberchloridteilchen lernen „Schwimmen“
Die Grundlage hierfür ist ein Phänomen namens Diffusiophorese, das ist die Bewegung von Partikeln entlang eines Elektrolytgradienten. Die Silberchloridteilchen „schwimmen“ in Richtung der höheren Ionenkonzentration. Aufgrund von Ungleichmäßigkeiten der Partikeloberfläche sowie einer nichtgleichförmigen Bestrahlung verläuft die Zersetzungsreaktion der Partikel asymmetrisch.
Es werden nicht an jeder Stelle gleich viele Ionen freigesetzt, sodass ein lokaler Ionengradient um das Teilchen entsteht. Das Teilchen verursacht damit seinen eigenen Ionengradienten, der es auf Geschwindigkeiten bis zu 100 Mikrometer pro Sekunde beschleunigt. Benachbarte Silberchloridpartikel folgen dem Ionengradienten in der Lösung und bewegen sich damit in Regionen mit höherer Partikeldichte.
Stabile „Schwärme“
Nach einigen Minuten entstehen kleine, recht stabile „Schwärme“ der Partikel. Auch photochemisch inaktive Siliciumdioxidpartikel reagieren auf das Ionensignal. Sie sammeln sich um die Silberchloridteilchen.
Das System kann nach Angaben der Forscher als nichtbiologisches Modell für die Kommunikation zwischen Zellen genutzt werden. Vor allem aber stellt es ein neues Designprinzip für „intelligente“ synthetische Nano- oder Mikromaschinen dar, die im Team zusammenarbeiten können.
(idw – Gesellschaft Deutscher Chemiker, 09.04.2009 – DLO)