Psychologie

Mit Augmented Reality gegen die Spinnenphobie

Handy-App ermöglicht digitales Expositionstraining zum Selbernutzen

AR-App
Eine virtuelle Spinne wird mittels Augmented Reality in die reale Umgebung projiziert. In mehreren Stufen kann dieses Expositionstraining gegen Spinnenphobie helfen. © Universität Basel/ MCN

Gegen die irrationale Furcht: Wer unter einer Spinnenphobie leidet, kann die Angst nun mithilfe einer Handy-App lindern. Nach dem Prinzip der Expositionstherapie nutzt die App Augmented Reality, um eine Spinne in die Umgebung der Nutzer zu projizieren – nach und nach immer näher. In einer klinischen Studie erwies sich diese digitale Form der Expositionstherapie bereits als erfolgreich, jetzt ist die App auch fürs Handy verfügbar.

Die Abneigung gegenüber Spinnen ist tief in uns verankert – wahrscheinlich war dies für unsere Vorfahren ein wichtiger Schutzmechanismus. Doch bei etwa einem Fünftel der Menschen ist diese Angst vor Spinnen ins Extrem gesteigert: Sie erleiden Panikattacken schon beim Anblick einer Spinne und meiden Anlässe und Umgebungen, in denen es Spinnen geben könnte. Tests haben ergeben, dass Menschen mit einer Spinnenphobie die Tiere unbewusst größer wahrnehmen als sie tatsächlich sind – auch das schürt die Angst.

Virtuelle Expositionstherapie

Hilfe gegen die Spinnenphobie bieten Expositionstherapien, bei denen sich die Betroffenen therapeutisch angeleitet den gefürchteten Situationen aussetzen. Dabei wird die Angst schrittweise abgebaut. Viele Betroffene scheuen jedoch die Psychotherapie, wollen sich keiner realen Spinne aussetzen oder bekommen schlicht keine Termine für die Behandlung.

Eine Alternative kann nun eine App bieten, die ein Forschungsteam der Universität Basel entwickelt hat. Sie vollzieht die Expositionstherapie mithilfe der Augmented Reality nach: Die App „Phobys“ projiziert ein realistisches 3D-Spinnenmodell in die reale Umwelt. Wie bei der gängigen Therapie werden die Entfernung zur Spinne und die Aufgaben, die die Nutzer erfüllen muss, nach und nach schwieriger.

Annäherung in neun Ebenen

„Für Menschen, die Angst vor Spinnen haben, ist es leichter, sich einer virtuellen Spinne auszusetzen als einer echten“, erklärt Erstautorin Anja Zimmer von der Universität Basel. Die Phobys-App steigert das Ausmaß der Exposition und der Interaktion mit der virtuellen Spinne in neun verschiedenen Ebenen. Am Ende jedes Levels bewerten die Nutzer, wie viel Angst und Ekel sie dabei empfunden haben. Die App entscheidet auf Basis dieser Bewertung, ob das Level wiederholt werden sollte oder zum nächsten fortgeschritten werden kann.

Wie die Forschenden erklären, können Betroffene mit leichten Formen der Spinnenangst die App dadurch in Eigenregie benutzen. Bei Menschen mit einer ausgeprägten Spinnenangst empfehlen Zimmer und ihr Team allerdings die Nutzung der App nur in Begleitung einer Fachperson. Ob man Angst vor einer virtuellen Spinne hat, kann in der App gratis getestet werden. Das Expositionstraining gegen die Spinnenangst kostet dann allerdings etwas.

In klinischer Studie erfolgreich

Ob und wie gut die App gegen die Spinnenphobie wirkt, haben Zimmer und ihr Team nun in einer klinischen Studie mit 66 Betroffenen getestet. Diese absolvierten während zwei Wochen entweder sechs halbstündige Trainingseinheiten mit Phobys oder bekamen als Kontrollgruppe keine Intervention angeboten. Vor und nach der Behandlung näherten sich die Testpersonen einer echten Spinne in einer durchsichtigen Box so weit, wie es ihre Spinnenangst zuließ.

Das Ergebnis: Die Gruppe, die mit Phobys trainiert hatte, zeigte nach Ende der Studienphase deutlich weniger Angst und Ekel in der realen Spinnensituation. Die Betroffenen waren in der Lage, sich der echten Spinne weiter zu nähern als die Kontrollgruppe. „Die wiederholte Nutzung der AR-App verringert die subjektive Angst in einer echten Spinnenkonfrontation und kann daher eine niederschwellige und günstige Behandlungsalternative darstellen“, sagen Zimmer und ihre Kollegen. (Journal of Anxiety Disorders, 2021; doi: 10.1016/j.janxdis.2021.102442)

Quelle: Universität Basel

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