Wie Röntgenstrahlen aus dem Router: Eine neue Technik ermöglicht dreidimensionale Bilder durch Nutzung handelsüblicher WLAN-Sender. Aus deren Strahlung kann ein Hologramm erzeugt und am Computer angezeigt werden. In Zukunft lassen sich so vielleicht ganze Räume selbst durch eine Wand hindurch abscannen. Das macht die Technologie auch für die Suche nach Verschütteten interessant.
Wie der Blick durch ein Fenster, liefert ein Hologramm ein dreidimensional erscheinendes Bild. Wir kennen Hologramme vor allem aus Science Fiction-Filmen. Aber auch in der Realität werden immer aufwändigere Holografien möglich, die sogar längst verstorbene Popstars zu lebensechten Performances wiedererwecken. Allerdings wird für solche 3D-Effekte ohne 3D-Brille aufwändige Lasertechnik benötigt.
Eine andere Hologramm-Technik haben Friedemann Reinhard und Philipp Holl von der Technischen Universität München entwickelt. Statt des optischen Hologramms mit sichtbarem Licht erzeugen sie für das menschliche Auge unsichtbare Hologramme aus WLAN-Signalen. Am Computer entstehen dann dreidimensionale Bilder, die selbst durch eine Wand hindurch aufgenommen werden können.
Erstes WLAN-Hologramm
Um die Hologramm-Bilder am Computer zu erzeugen, benötigen die Forscher lediglich Mikrowellenstrahlung von einem WLAN-Sender und zwei Empfangsantennen: Eine bewegliche Scanner-Antenne und eine stationäre Antenne als Referenz. In einem ersten Test nahmen die Wissenschaftler bereits erfolgreich ein Hologramm von einem Aluminium-Kreuz auf, das zwischen Sender und Empfänger aufgestellt war.
Dazu rasterten sie mit der beweglichen Antenne eine gedachte Leinwand ab. An jedem Punkt verglich ein angeschlossener Computer das ankommende Signal mit dem von der Referenzantenne empfangenen Signal. Indem er zurückrechnete aus welcher Entfernung die Wellen auf das Objekt getroffen waren, ließ sich nach und nach ein virtuelles Abbild des Kreuzes erstellen.
Durch Wände blicken
In dem ersten Versuch der Wissenschaftler waren die Empfänger noch im selben Raum wie das Testobjekt. Doch prinzipiell könnte man die Empfangsantennen auch hinter einer Wand aufstellen und einen Raum von außen untersuchen, erklärt Friedmann: „Mit dieser Technik können wir ein dreidimensionales Bild des Raums erzeugen, in dem sich der WLAN-Sender befindet, so als hätten wir Augen für Mikrowellenstrahlung.“
Zwar gibt es bereits Verfahren, bei denen Mikrowellenstrahlung durch Wände hindurch geortet wird, um zum Beispiel die Anwesenheit einer Person zu überprüfen. Doch ein Abbild des gesamten Raumes durch die holografische Aufbereitung von WLAN- oder Handysignalen sei neu, betont der Forscher.
Die neu entwickelte Technik braucht zudem keine speziellen Sender, sondern funktioniert schon mit der sehr geringen Bandbreite haushaltsüblicher WLAN-Sender, die in den Frequenzbändern 2,4 und 5 Gigahertz senden. Auch Bluetooth- und Handy-Signale können genutzt werden. Die Wellenlänge dieser Geräte entspricht dabei einer Auflösung im Bereich weniger Zentimeter.
Privatsphäre in Gefahr?
Im Prinzip hat also jeder Haushalt mit WLAN einen Sender, der potentiell auch zum Durchleuchten der eigenen Wohnung taugt. „Natürlich liegt es da nahe, sich Sorgen um seine Privatsphäre zu machen“, sagt Reinhard, „denn selbst verschlüsselte Signale übertragen gewissermaßen ein Bild der Umgebung nach außen.“
Doch Grund zur Sorge gebe es wohl keinen, beruhigt der Forscher: „Dass sich das Verfahren in naher Zukunft für den Blick in fremde Schlafzimmer eignet, ist eher unwahrscheinlich. Man müsste dazu eine große Antenne um das Gebäude herumfahren, was kaum unbemerkt bleiben dürfte. Da gibt es einfachere Möglichkeiten.“
Hilfe für Verschüttete?
Einsatzmöglichkeiten für ihre Technik sehen die Forscher vor allem in automatisierten Industrieanlagen, wo es oftmals schwierig ist, einzelne Teile oder Geräte zu lokalisieren. Doch zunächst müssen sie näher erforschen, welche Materialien wie transparent sind. Mit diesen Kenntnissen ließen sich dann leicht durchleuchtbare Fabriken bauen, in denen man den Weg der Produkte mit Hilfe der Mikrowellenhologramme gut verfolgen könnte.
In Zukunft könnte die Technik sogar bei der Suche nach Verschütteten unter einer Lawine oder in einem eingestürzten Haus helfen. Herkömmliche Methoden würden lediglich die Position des Verletzten orten, erklären die Forscher. Die holografische Auswertung der WLAN-Signale könne aber ein räumliches Abbild der zerstörten Strukturen liefern, sodass Helfer gezielt den leichtesten Weg zum Opfer finden. (Physical Review Letters, 2017; doi: 10.1103/PhysRevLett.118.183901)
(Technische Universität München, 08.05.2017 – CLU)