Was hat ein Mobilfunkmast mit der Wettervorhersage zu tun? In Zukunft vielleicht mehr als wir glauben. Denn Wissenschaftler haben festgestellt, dass die Signalstärke der Sendeanlagen mit der umgebenden Luftfeuchte korreliert. Über die Sendeleistung können Meteorologen so sogar die Stärke eines kommenden Starkregens und einer Sturzflut vorhersagen – und dies weitaus genauer und verlässlicher als bisher, wie die Forscher in der Fachzeitschrift „Atmospheric Chemistry and Physics“ berichten.
In der Mobilfunkbranche ist die Luftfeuchtigkeit nicht sehr beliebt: Enthält die Atmosphäre um die Sende- und Empfangsmasten sehr viel Wasserdampf, sinkt die Übertragungsleistung. Für Meteorologen aber ist die Luftfeuchtigkeit ein wesentlicher Vorhersagefaktor. Sie verrät viel über die aktuelle Wetterlage und auch darüber, wie viel Regen in der nächsten Zeit fallen könnte. Besonders Überschwemmungen und sintflutartige Starkregen können oft anhand der Verteilung von Feldern bestimmter Luftfeuchtigkeit prognostiziert werden.
Signalqualität korreliert mit Luftfeuchte
Das Problem dabei: Diese relativ akkuraten Prognosen funktionieren nur dort, wo das Netz der Wetterstationen dicht genug ist um auch kleinräumigere Veränderungen zu erfassen. Jetzt haben Wissenschaftler hierfür eine ungewöhnliche, aber praktische Lösung gefunden: Sie nutzen einfach das dichte Netz der Mobilfunkantennen als Wetterstationen. In einem Projekt in der Judäischen Wüste in Israel stellten Forscher der Universität von Tel Aviv fest, dass sich die Sendeleistung der Mobilfunkmasten gut mit der von Bodenstationen gemessenen Luftfeuchte korrelieren lässt.
„Genaue Vorhersagen über Überschwemmungen waren bisher schwierig, da es nicht genügend verlässliche Messungen über die Feuchtefelder in abgelegenen Gebieten gab“, erklärt Pinhas Alpert, Professor für Geophysik an der Tel Aviv Universität. „Indem wir die spezifische und fluktuierende Luftfeuchtigkeit um Mobilfunkmasten messen, können wir billig, effektiv und verlässlich die kritische Schwelle der Feuchtigkeitsverteilung ermitteln und damit die Vorhersagemodelle für Überschwemmungen verbessern helfen.“
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Meteorologen profitieren von bestehendem dichten Netz
Da Mobilfunkanbieter in der Regel ohnehin die Leistungen ihrer Sendeanlagen überwachen, sind die benötigten Daten bereits vorhanden. Meteorologen könnten daher zukünftig von der Dichte des Mobilfunknetzes profitieren und diese Daten nutzen, um die Lücken in ihrem eigenen Messnetz zu schließen.
Damit wäre es möglich, Überschwemmungen durch Starkregen genauer und ortsspezifischer als bisher vorherzusagen. Im Testprojekt in der Judäischen Wüste gelang es den Forschern in mehreren Fällen, mithilfe dieser Technologie das Ausmaß einer Sturzflut genau vorherzusagen. Die größere Dichte des Mobilfunknetzes könnte aber auch dazu beitragen, ein besseres Verständnis gerade kleinräumigerer Wetter- und Klimaprozesse zu erlangen.
(American Friends of Tel Aviv University, 08.07.2009 – NPO)