Teleportation machts möglich: Zum ersten Mal haben ein Mensch und ein Quantencomputer gemeinsam Musik gemacht. Der Computer lieferte dabei eine in Echtzeit improvisierte Begleitung zur Piano-Melodie des menschlichen Musikers. Erst die Quanten-Teleportation ermöglichte diese zeitlich synchrone Kopplung des Musizierens über größere Entfernung. Auch ein Duett des Quantencomputers mit einer Sängerin hat auf diese Weise schon stattgefunden.
Quantencomputer gelten als die Rechner der Zukunft. Denn dank quantenphysikalischer Phänomene wie der Überlagerung und Verschränkung spielen sie alle möglichen Lösungen auf einmal durch – das macht sie bei bestimmten Aufgaben schneller als jeden Supercomputer. Weil verschränkte Quantenbits selbst über große Entfernungen hinweg simultan agieren, können die Rechen-Operationen sogar per Teleportation übertragen werden.
Begleit-Arrangement vom Quantenrechner
Genau dies hat nun Alexis Kirke von der University of Plymouth für ein ungewöhnliches Experiment genutzt. In diesem demonstriert er erstmals eine Art Jam-Session von Mensch und Maschine. „Bisher gibt es enge Grenzen darin, wie komplex ein solches Improvisieren mit einem Computer sein kann“, erklärt Kirke. Denn gängige Computersysteme benötigen noch zu lange, um beispielsweise zu einer gegebenen Melodie spontan eine Begleitung zu komponieren.
„Ein menschlicher Musiker erkennt beim Improvisieren die musikalischen Regeln intuitiv“, erklärt Kirke. Ein Computer muss dagegen diese Regeln erst einmal abrufen und dann in entsprechende Arrangements umsetzen – das war bislang in Echtzeit nicht möglich. Erst recht nicht, wenn dann das Ergebnis dieser Berechnung noch an einen anderen Ort übertragen werden muss. Es kommt daher unvermeidlich zu zeitlichen Verzögerungen.
Quanten-Algorithmus als Kompositionshilfe
Anders beim Quantencomputer. Für sein musikalisches Experiment spielte Kirke auf dem Computerpiano zunächst eine bestimmte Melodie. Diese speiste er in ein System namens „Multi-Agent Interactive qgMuse“ ein, das auf einem in Melbourne stehenden Quantencomputer von IBM mit 14 Quantenbits lief. Der Quantenrechner ermittelte in Echtzeit die passenden musikalischen Regeln und komponierte ein Begleit-Arrangement.
Basis dieses Quantensystems bildet der sogenannte Grover-Algorithmus. Er nutzt eine einfache Prüfroutine, um in einer Datenbank mögliche Lösungen zu finden. Weil er dabei alle Kandidaten gleichzeitig prüfen kann, gelingt ihm diese Suche nach den passenden „Nadeln im Heuhaufen“ nahezu augenblicklich. Dadurch ist er imstande, beispielsweise den richtigen Takt einzuhalten oder unerwünschte Dissonanzen zu vermeiden, wie Kirke erklärt.
Aufnahme eines Duetts zwischen Kirke am Piano und dem Quantencomputer in Australien. © Alexis Kirke/University of Plymouth
Echtzeit-Session dank Teleportation
Im Experiment improvisierte der Quantencomputer bereits zur Titelmelodie der Serie „Game of Thrones“, aber auch zu einem von einer Sängerin vorgetragenen Stück. „Dies zeigt zum ersten Mal, dass die Vorteile eines Quantencomputers auch in der Welt der Musik und des Musikmachens hilfreich sein können“, sagt Kirke. „Es demonstriert, dass die Macht der Quanten etwas sein kann, das jeder genießen und schätzen kann.“
Wie der Forscher erklärt, ist die Geschwindigkeit bei solchen Anwendungen essenziell. Die Quanteninformation rechtzeitig zu übermitteln, sei nur mithilfe der Quanten-Teleportation möglich. „Wenn weiter voneinander entfernte Kooperationspartner ihre musikalischen Quantencomputer verbinden möchten, dann ist die Teleportation unverzichtbar“, so Kirke. Erst das ermögliche den Echtzeit-Austausch auch über Entfernungen hinweg. (Journal of New Music Research, 2020; doi: 10.1080/09298215.2020.1749672)
Quelle: University of Plymouth