Nanotechnologie

Nano-Waage wiegt einzelne Biomoleküle

Neues Gerät ermöglicht erstmals mechanische Massenbestimmung von Eiweißen oder Viren

Eingefärbte Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme von einer der Nano-Waagen. In der Mitt ist die brückenähnliche, schwingende Sektion zu erkennen. © Caltech / Scott Kelberg and Michael Roukes

Ein internationales Forscherteam hat erstmals eine mechanische Waage entwickelt, mit der sie sogar einzelne Moleküle wiegen können. Landet beispielsweise ein Eiweißmolekül auf der winzigen Wiegebrücke des Geräts, verändert sich deren Schwingung und verrät so die Masse des Partikels. In einem ersten Test haben die Wissenschaftler Antikörper aus dem menschlichen Blut, die sogenannten Immunglobuline M, einzeln gewogen und anhand der Massenunterschiede identifiziert. Das sei das erste Mal, dass man ein Biomolekül mit Hilfe eines nanomechanischen Geräts gewogen habe, berichten die Forscher im Fachmagazin „Nature Nanotechnology“ (doi:10.1038/nnano.2012.119).

Mit der neuen Waage lassen sich nach Angaben der Forscher vor allem Eiweiße und andere Biomoleküle besser und genauer bestimmen als mit den gängigen Methoden. Denn beispielsweise bei der Massenspektroskopie werde die Masse vieler Millionen Moleküle auf einmal anhand ihrer elektrischen Ladung bestimmt. Man erhalte damit quasi die Durchschnittsmasse, einzelne, von dieser abweichende Moleküle würden dabei aber nicht erfasst. Zudem seien diese Geräte kaum für die Messung von größeren Biomolekülen geeignet. Jetzt könne man dagegen beispielsweise Eiweiße, aber auch Viren oder andere Biomoleküle einzeln wiegen und sie dadurch gezielter unterscheiden und bestimmen, sagen Mehmet Hanay vom California Institute of Technology in Pasadena und seine Kollegen.

Den ersten Test der neuen Nanowaage führten die Forscher mit Immunglobulinen M – einem speziellen Typ von Antikörpern aus dem menschlichen Blut durch. Indem sie diese Moleküle einzeln wogen, konnten sie ihre Masse bestimmen und so genau feststellen, welchem der zahlreichen Untertypen dieser Antikörper das jeweilige Molekül angehörte. Solche Messungen seien eine wertvolle Hilfe für Mediziner, denn das Verhältnis der verschiedenen Antikörper-Untertypen verrate unter anderem bestimmte Krebsarten, sagen die Forscher. Aber auch andere, biologisch und medizinisch wichtige Proteine könnten sich zukünftig so leichter identifizieren lassen.

Die Nanowaage sei einfach und günstig herstellbar, sagen die Forscher. Denn sie werde aus gängigen Komponenten gefertigt, wie sie auch bei der Massenproduktion von Halbleitern eingesetzt werden. Zudem lasse sie sich gut in gängige Messapparaturen wie beispielsweise Massenspektrometer einbauen.

Schwingende Brücke als Messbalken

Die neue Waage besteht im Wesentlichen aus einer winzigen, nur wenige Nanometer breiten Brücke zwischen zwei größeren Einheiten. Diese Brücke schwingt – ähnlich wie die Saiten einer Geige oder Gitarre gleichzeitig auf mehreren Ebenen, wie die Forscher erklären: Die Grundoszillation bewege die Brücke als Ganzes einfach nur von einer Seite zur anderen. Parallel dazu existiere aber auch eine Art Obertonschwingung: Eine Hälfte der Brücke bewege sich nach rechts, die andere gleichzeitig nach links – wie eine oszillierende S-förmige Sinuskurve. Zu dieser zweiten Ebene kommen noch weitere, enger begrenzte Schwingungen hinzu, so dass die Bewegung der Brücke letztlich aus einer komplexen Kombination all dieser Oszillationen besteht.

Wenn ein Molekül auf dieser Brücke lande, verändere sich deren Schwingung vor allem in der ersten und zweiten Ebene, berichten die Forscher. Diese Frequenzänderung sei je nach Masse und Position des Partikels verschieden. „Dadurch können wir in nur einer Messung die Masse des auf der Brücke liegenden Moleküls bestimmen“, erklärt Hanay. Das sei mit mechanischen Strukturen zuvor nicht möglich gewesen. (doi:10.1038/nnano.2012.119)

(Nature Nanotechnology, 29.08.2012 – NPO)

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