Physik

Nanomagnete laufen im Gleichschritt

Moleküle als Bausteine für Quantencomputer?

Struktur des verwendeten Moleküls mit der Spinrichtung der vier Eisenatome. Durch einen Mikrowellenpuls werden die Spins um bestimmte Winkel gekippt. © 1. Physikalisches Institut, Universität Stuttgart

Quantencomputer gelten als die Rechner der Zukunft. Entsprechend intensiv arbeiten Forscher weltweit an der Verwirklichung solcher Geräte. Ein viel versprechender Ansatz verwendet dabei als kleinste Bausteine molekulare Nanomagnete. Stuttgarter Wissenschaftlern ist es nun zum ersten Mal gelungen, an Molekülen mit großem Spin – einer Art Kreisel – nachzuweisen, dass die Moleküle für Sekundenbruchteile im Gleichschritt laufen. Diese als Quantenkohärenz bezeichnete Eigenschaft könnte der Startschuss sein, um den Quantencomputer schnell zu realisieren, so die Forscher in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“.

Die Quantentheorie hat vor hundert Jahren die Physik revolutioniert. Nun soll sie Einzug in unsere Computer halten. Ihre Möglichkeiten reichen weit über die klassische Physik hinaus und führten zur Entwicklung neuartiger Rechenmethoden. Mit diesen Algorithmen ist es möglich, spezielle Probleme anzupacken, die mit klassischen Computern unlösbar sind.

Eine der größten Herausforderungen beim Bau eines Quantencomputers ist das Material, aus dem die Bits gemacht werden. Denn die quantenmechanischen Zustände, die während des Rechenvorgangs verwendet werden, müssen lange genug stabil sein. Sonst geht die Information verloren, bevor die Berechnung abgeschlossen ist – wie bei einem Rechenbrett aus Eiswürfeln, die unter den Fingern schmelzen. Solche stabilen Zustände können beispielsweise mit Hilfe von Elektronen realisiert werden, denn diese kleinen Teilchen besitzen die quantenmechanische Eigenschaft des Spins.

Elektronen in Wechselwirkung

Ein wirklicher Computer kann jedoch nicht aus einzelnen Elektronen bestehen. Andererseits sind in realen Materialien die Quanteneigenschaften nur sehr schwer zu beobachten.

Das von Forschern des Physikalischen Instituts der Universität Stuttgart verwendete Material ist ein so genannter Einzelmolekülmagnet. Das Einzigartige an diesen komplexen, aber trotzdem kleinen und reproduzierbar herstellbaren Teilchen besteht darin, dass jedes Molekül für sich bereits magnetische Eigenschaften besitzt. Diese erhält es durch magnetische Ionen, die an festen Plätzen im Molekül sitzen. Die Elektronen der einzelnen Ionen stehen untereinander in Wechselwirkung – wodurch sich bei niedrigen Temperaturen ein Zustand mit einem stabilen Spin einstellt.

Neuartiges Molekül mit vier Eisenionen im Einsatz

Für ihre Experimente verwendeten die Forscher ein neuartiges Molekül mit vier Eisenionen. Ihr stabiler Spin ist zehnmal größer als der eines Elektrons und kann verschiedene Zustände mit unterschiedlicher Energie einnehmen. Die Moleküle wurden mit extrem kurzen Mikrowellenpulsen beschossen.

Wie bei einem Gewehrschuss in den Bergen ist dabei ein Echo zu hören, aus dessen Stärke man darauf schließen kann, wie sich die Spins in der Zwischenzeit verhalten haben. Bei diesen Versuchen wurde deutlich, dass die Spins in den Molekülen für Sekundenbruchteile im Gleichschritt laufen. Diese als Kohärenz bezeichnete Eigenschaft ist vergleichbar mit dem Verhalten des Laserlichts, das diesem seine besonderen Eigenschaften verleiht, so die Wissenschaftler.

Forscher erlauschen Mikrowellenecho

Darüberhinaus maßen die Physiker so genannte Rabi-Oszillationen: Anschaulich gesprochen wurden die Spins der Moleküle dabei gleichzeitig um bestimmte Winkel gedreht. Es war sogar möglich, mehrere vollständige Rotationen durchzuführen, was man bislang für unmöglich hielt.

Bevor ein wirklicher Quantencomputer mit molekularen Magneten gebaut werden kann, müssen allerdings noch weitere Hürden genommen werden. Zuerst müssen die Wissenschaftler die Moleküle auf einer Oberfläche anordnen. Dann müssen sie einzeln adressiert, programmiert und ausgelesen werden. Prinzipiell ist dies möglich, bisher benötigt man aber noch eine große Anzahl von Molekülen, um das Mikrowellenecho „hören“ zu können.

(idw – Universität Stuttgart, 13.10.2008 – DLO)

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