Chemie

Nanopartikel beim Gestaltwandel beobachtet

Katalyse auf der Nanometerskala

Unter Sauerstoffeinfluss (Oxidation) und unter moderaten Temperaturbedingungen (600 K, etwa 300 °C) verändert sich die Form der Rhodium-Nanopartikel. Dabei werden die 001- und 100-Facetten größer, weil die Ausbildung der Oxidhaut auf ihnen energetisch günstiger ist. © MPI für Metallforschung

Ein deutsches Wissenschaftlerteam hat erstmals die Formänderung von Rhodium-Nanopartikeln unter moderatem Sauerstoff- und Kohlenmonoxideinfluss nachgewiesen. Die Erkenntnisse könnten die Qualität dieser Katalysator-Materialien deutlich verbessern, so die Forscher im Wissenschaftsmagazin „Science“.

Katalysatoren, die auf metallischen Nanopartikeln basieren, sind für die Herstellung vieler Chemikalien und Brennstoffe unverzichtbar. Sie kommen weiterhin im Dreiwegekatalysator bei der Abgasreinigung von Kraftfahrzeugen zum Einsatz. Entscheidend für die Funktion ist dabei das seltene Übergangsmetall Rhodium, dessen Eigenschaften Wissenschaftler verbessern wollen.

Andreas Stierle und seine Kollegen am Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart und vom Commissariat a l’Energie Atomique in Grenoble (Frankreich) haben jetzt erstmals auf der Oberfläche von Rhodium-Nanopartikeln eine extrem dünne Oxidschicht nachgewiesen und gezeigt, wie sich die Form der Nanopartikel unter Reaktionsbedingungen reversibel verändert.

Formänderungen „live“ verfolgt

Experimente mit Synchrotronstrahlung an der Angström-Strahlungsquelle (ANKA, KIT) in Karlsruhe und an der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle (ESRF) in Grenoble erlaubten es den Wissenschaftlern, die Formänderungen „live“ zu verfolgen und sie abschließend durch elektronenmikroskopische Messungen am Höchstleistungs-Transmissionselektronenmikroskop am Stuttgarter MPI für Metallforschung zu untermauern.

Die präzisen Erkenntnisse über die Struktur der Rhodium-Nanopartikel während katalytischer Reaktionen sind nützlich für die Entwicklung von verbesserten, heterogenen Katalysatormaterialien mit längerer Lebensdauer, höherer Aktivität und Selektivität.

In der Aufnahme durch das Transmissionselektronenmikroskop (TEM) ist deutlich die abgeflachte, pyramidenartige Form des Rhodium-Nanopartikels nach der Oxidation zu erkennen. Die Vergrößerung der Oberflächenstruktur zeigt die dreilagige Rhodium-Oxidschicht (verdeutlicht durch das blau-rote Atommodell als auch durch die Bildsimulation oben). © MPI für Metallforschung

Hohe katalytische Aktivität

Wie auch andere Übergangsmetalle, zum Beispiel Palladium und Platin, weist das sehr reaktionsträge Rhodium hohe katalytische Aktivität auf und ist deshalb für verschiedene industrielle Prozesse sehr wichtig. Wissenschaftler interessieren sich besonders für die physikalischen und chemischen Prozesse an den metallischen Rhodium Nanopartikeln (NP). Gegenstand der Debatte ist dabei, ob der metallische oder der oxidierte Zustand der katalytisch aktivere Zustand ist.

Die Experimente mit Röntgen- und Synchrotronstrahlung zeigen, dass sich die Form der Rhodium-Nanopartikel reversibel von einer spitzeren Pyramide zu einer abgeflachten Pyramide ändert. Auf der Oberfläche der Rhodium-Nanopartikel bildet sich eine ultradünne Oxidschicht aus, die nur aus drei atomaren Lagen besteht.

Dünnste Oxidschicht der Welt

„Dies ist die dünnste Oxidschicht der Welt, die man sich vorstellen kann“, erklärt Stierle. „Mit unseren Methoden haben wir diese O-Rh-O-Schicht erstmals auf Rh Nanopartikeln experimentell nachgewiesen und konnten zudem die Formänderung der Nanopartikel in situ, das heißt direkt während der katalytischen Reaktion der CO-Oxidation, verfolgen.“

Mit der Ausbildung der stabilen Oxidschicht verändert sich die Gitterstruktur des Rhodiums. Weil die O-Rh-O Schicht auf den (001) und (100) Facetten energetisch günstiger ist als auf der (111)-Facette, wird die Pyramide flacher (und die 001 / 100 – Facetten breiter. Dabei wandern die Rh-Atome von der oberen (001) Facette in die Oxidschicht hinein.

Eine bildliche Bestätigung dieser Ergebnisse lieferte die Untersuchung der Rhodium Nanoteilchen am Höchstleistungs-Elektronenmikroskop des Stuttgarter Zentrums für Elektronenmikroskopie (StEM) am MPI für Metallforschung.

Bald bessere Katalysatoren?

Rhodium wird vor allem in Fahrzeugkatalysatoren wie dem Dreiwegekatalysator verwendet. Es wandelt schädliche Bestandteile der Abgase wie Kohlenmonoxid, Stickoxide und Kohlenwasserstoffe in ungefährlichere Gase um. Zudem beschleunigt Rhodium in industriellen Prozessen die Herstellung einiger chemischer Grundstoffe wie Salpeter- und Blausäure. Es dient auch als hochwertiges Beschichtungsmittel von Schmuck, Spiegeln und stark beanspruchten Laborgeräten.

Die mit dieser Studie gewonnenen, detaillierten Erkenntnisse über die physikalischen und chemischen (strukturellen) Prozesse an der Oberfläche der Nanopartikel sind nach Angaben der Wissenschaftler nützlich für die Entwicklung von verbesserten, heterogenen Katalysatoren.

(MPG, 14.10.2008 – DLO)

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