Ein Mainzer Forscherteam hat ein neues Verfahren zur Herstellung von Nanoröhrchen entwickelt. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ berichten, lassen sie die so genannten Zinndisulfid-Röhrchen dabei aus einem Metalltröpfchen „herauswachsen“.
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Seit der Entdeckung der Kohlenstoff-Nanoröhren Anfang der neunziger Jahre stehen Nanoröhren und Nanodrähte im Blickpunkt des wissenschaftlichen und technischen Interesses. Außer aus Kohlenstoff wurden die winzigen Gebilde inzwischen auch aus verschiedenen anderen Materialien hergestellt.
Viele Anwendungsmöglichkeiten
Mögliche Anwendungen für diese Nanostrukturen finden sich in vielen Bereichen, zum Beispiel als Schaltkreise für die Mikroelektronik, in der Sensorik oder auch als spezielle Lichtleiter und lichtemittierende Nanoröhrchen für Displays.
Dabei sind Metallsulfide mit lamellarer Struktur, die anorganische Nanoröhren bilden, an sich nicht neu. Sie werden bereits verwendet, etwa in der Medizintechnik, als Fasern mit ultrahoher Zugfestigkeit, als Wasserstoffspeicher, für wiederaufladbare Batterien, in der Katalyse sowie in der Nanotechnologie.
Hohe Temperaturen erforderlich
Ein Hauptproblem bei der Herstellung sulfidischer Nanoröhren ist allerdings, dass hohe Temperaturen notwendig sind, damit sich die planaren Schichten krümmen und zu Röhrchen verknüpfen. Zudem müssen sie als instabile Zwischenprodukte abgefangen werden. Im Fall von Zinndisulfid ist das allerdings kaum machbar, denn die Verbindung zersetzt sich bereits bei einer deutlich niedrigeren Temperatur.
Die Wissenschaftler um Wolfgang Tremel von der Universität Mainz zogen nun zur Herstellung von Zinndisulfid-Nanoröhren ein anderes Verfahren heran: Sie nutzten erstmals das Vapor-Liquid-Solid (VLS) Verfahren, eine Methode, die sonst bei der Produktion von Halbleiter-Nanodrähten angewendet wird. Bismut-Metallpulver wird dabei mit Zinndisulfid-Nanoflakes vermischt und in einem Röhrenofen unter einem Argon-Strom erhitzt. Am kälteren Ende scheidet sich dann das Reaktionsprodukt ab.
Bismut-Nanotröpfchen aus dem Ofen
Im Ofen entstehen Bismut-Nanotröpfchen, diese wirken als lokale Anlaufstelle für Zinn. Auf diese Weise reichern sich die Reaktionspartner im Metalltröpfchen an, das dann als Keim für das Wachstum der Nanoröhrchen dient.
„Der Metalltropfen bleibt bei diesem Vorgang als Kugel am Ende der Röhre erhalten, und die Nanoröhre wächst aus der Kugel wie ein Haar aus dem Haarbalg“, erläutert Tremel. „Dank der Katalyse durch das Metalltröpfchen ist ein Wachstum bereits bei niedrigen Temperaturen möglich.“
Mit der neuen Methode gelang es den Wissenschaftlern, defektarme Nanoröhrchen mit Durchmessern zwischen 30 und 40 Nanometer (nm) und Längen zwischen 100 und 500 nm herzustellen, die aus mehreren SnS2-Schichten aufgebaut waren.
(idw – Universität Mainz, 19.06.2009 – DLO)