Nanotechnologie

Nanoröhren als Bio-Transporter

Forscher klären zelluläre Aufnahmemechanismen für Kohlenstoffnanoröhren

Sie sehen aus wie winzigste Nadeln und haben das Potenzial, pharmazeutische Wirkstoffe gezielt in lebende Zellen einzuschleusen: Kohlenstoffnanoröhrchen. Voraussetzung ist allerdings, dass die mit dem gewünschten Wirkstoff beladenen Mini-Röhrchen auch von der Zelle aufgenommen werden. Wie dies geschieht, haben jetzt Wissenschaftler untersucht.

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Kohlenstoffnanoröhrchen sind lange dünne Röhren im Nanomaßstab, die aus einer oder mehreren Schichten graphitartig angeordneter Kohlenstoffatome bestehen. Pharmaka können chemisch an ihre Außenseite angeknüpft werden und gelangen dann zusammen mit den Nädelchen ins Zellinnere. Aber auf welchem Weg? Hongjie Dai und sein Team von der Stanford University haben die Aufnahmemechanismen für Nanoröhrchen mit unterschiedlicher „Fracht“, etwa DNA und Proteine, systematisch unter die Lupe genommen.

Aktiv oder passiv?

Um maßgeschneiderte Nano-Transporter zu entwickeln, die ihre Fracht ordnungsgemäß abliefern, ist es wichtig zu wissen, auf welchem Wege sie die Zellmembran passieren. Moleküle können auf verschiedene Weise ins Zellinnere gelangen. Zunächst war zu unterscheiden, ob die Nanoröhrchen auf passivem oder aktivem Weg aufgenommen werden. Beim passiven Transport durchqueren Moleküle die Membran ohne Energieverbrauch.

Unter den aktiven Mechanismen kommt im Fall der Nanoröhrchen die Endocytose in Betracht: Teile der Zellmembran schließen die Moleküle ein und befördern sie ins Zellinnere. Dieser Vorgang benötigt Energie in Form von ATP und ausreichend hohe Temperaturen. Dai und Kollegen kühlten Zellkulturen ab, andere Zellkulturen versetzten sie mit einem Hemmstoff, der die ATP- Produktion stoppt. In beiden Fällen waren die Zellen nicht mehr in der Lage, zugegebenen Nanoröhren aufzunehmen. „Wir schließen auf einen energieabhängigen endocytotischen Mechanismus,“ sagt Dai.

Andocken und Einstülpen

Im Fall der Nanoröhrchen schienen den Forschern zwei der möglichen Endocytose-Wege besonders in Frage zu kommen: die caveolaevermittelte und die clathrinabhängige Endocytose. Caveolae sind kleine cholesterinreiche Einkerbungen der Zellmembran. Hier docken Moleküle aus dem Medium an, die Einkerbung stülpt sich immer weiter ein und schnürt sich zu einem Bläschen ab, das ins Zellinnere wandert.

Mit Hilfe von Hemmstoffen störten die Forscher die Cholesterinverteilung in der Zellmembran und damit die Caveolae – die Aufnahme der Nanoröhrchen konnte so nicht unterbunden werden. Bei der clatrinabhängigen Variante docken Moleküle aus dem Medium an spezielle Andockstellen auf der Außenseite der Zellmembran an. Auf der Innenseite sind Clathrin-Moleküle, Proteine in Form eines Dreibeins, an die Andockstellen geknüpft. Die Clathrin- Moleküle aggregieren zu einem zweidimensionalen Netzwerk, das sich nach innen wölbt und damit für eine Einstülpung der Membran sorgt.

Wiederum entstehen Bläschen, die sich abschnüren und ins Zellinnere wandern. Zuckerhaltige oder kaliumfreie Medien zerstören Clathrinschichten. Wurden die Zellkulturen solchen Bedingungen ausgesetzt, waren sie nicht mehr in der Lage, die Nanoröhrchen aufzunehmen. Dai: „Dies spricht eindeutig für eine clathrinabhängige Endocytose von Kohlenstoffnanoröhrchen.“ Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu den Befunden einer anderer Gruppe, die einen nicht- endocytotischen Mechanismus vermutet. Die Ursachen der Diskrepanz sind noch zu klären.

(Gesellschaft Deutscher Chemiker, 12.12.2005 – NPO)

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