Nanotechnologie

Nanoskalpell „seziert“ Mikrochips

Neue Methode sucht nach Fehlern im Material

Nanoskalpell im Einsatz © IWM

Wenn mikroelektronische Bauelemente versagen, dann steckt der Teufel im nur nanometerkleinen Detail. Den Fehler zu finden, seine Ursachen festzustellen und den Herstellern Änderungen vorzuschlagen, ist dann häufig nicht ganz einfach. Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (IWM) entwickeln deshalb zusammen mit der Firma Carl Zeiss ein „Nanoskalpell“, um Proben unter der Oberfläche der Bauelemente zu nehmen und so Rissen im Material oder fehlerhaften Verbindungen auf die Spur zu kommen.

Ob Aluminiumleitbahnen oder Kupfertechnologie, neue Materialien und Verbindungstechniken: Die Entwicklung in der Mikroelektronik ist rasant. Doch wer in der Dimension von Millionstel Zentimetern neue Bauelemente entwirft und produziert, riskiert mindestens in der Entwicklungsphase Fehler. „Diesen Fehler im komplexen Aufbau der Bauelemente zu finden, stellt höchste Ansprüche an die Analysetechnik“, erläutert Frank Altmann. Die Forscher vom Fraunhofer IWM suchen in Mikrochips mit bis zu mehreren zehn Millionen einzelner Transistoren nach Ursachen für das Versagen mikroelektronischer und mikromechanischer Bauteile.

Auf der Suche nach Fehlern unter der Oberfläche

Wer diese Bauelemente analysieren will, muss die Fehlerstellen zunächst in komplexen Schichtstapeln unterhalb der Oberfläche finden und sie dann für die Analyse – beispielsweise mit dem Transmissionselektronenmikroskop – im Querschnitt frei legen. Die dafür notwendige Genauigkeit liegt in der Größenordnung von circa 100 Nanometer, also einem Tausendstel eines Haardurchmessers. Wie also an die Fehlerstelle kommen, ohne dabei den vielleicht entscheidenden Teil des kleinen, oft hochkomplexen Bauteils zu zerstören?

„Dafür ist heute und auch in den kommenden Jahren die fokussierende Ionenstrahltechnik, auf Englisch „focused ion beam“ (kurz FIB) das Mittel der Wahl“, erläutert Frank Altmann. Sie erlaube es, Proben mit Nanometer-Präzision zu präparieren und so an die vermutete Fehlerstelle überhaupt heranzukommen. „Die dafür erforderliche Arbeit ähnelt der eines Chirurgen mit einem Skalpell, aber mit mehr als 10.000-fach höherer Genauigkeit“.

FIB-Anlagen im Einsatz

Im Fraunhofer IWM in Halle sind solche FIB-Anlagen bereits seit 1996 im Einsatz. Besonders die zweite Anlage, die seit 2002 zur Verfügung steht, birgt für die Detektive in der Nanometerwelt der Mikroelektronik neue Perspektiven. Die so genannte Zweistrahlanlage kombiniert die Präzisionsbearbeitung mittels Ionenstrahltechnik mit einem Rasterelektronenmikroskop für die hochaufgelöste Abbildung.

„In Echtzeit können wir so beobachten, wie wir Material abtragen, den Prozess genau steuern und die Probe so noch präziser herstellen“, betont Frank Altmann. Das sei nur möglich, weil diese FIB-Anlage der Firma Carl Zeiss die so genannte CrossBeam Technologie nutzt und somit simultan mit Ionenstrahlen für die Bearbeitung und Elektronenstrahlen für die Abbildung arbeiten könne.

Die Suche nach neuen Analysemethoden

Erst diese technische Neuerung schaffe die Basis für neue Analysemethoden, meint Frank Altmann. Die aber sind die Voraussetzung dafür, dass der Grund für das Versagen auch in Zukunft an den noch kleiner werdenden Strukturen mikroelektronischer Bauelemente gefunden werden kann. Dazu gehören Risse im Material oder auch fehlerhafte Verbindungen. Und die wiederum können von minimalen Abweichungen im komplexen Herstellungsprozess, wie Schmutzpartikeln in einer Maschine, einem minimalen Versatz der Masken, mit denen die Chips schrittweise belichtet und strukturiert werden, oder vom so genannten Temperaturregime im Herstellungsprozess verursacht werden.

Viele große Mikroelektronikfirmen hätten mittlerweile eigene FIB-Anlagen, erläutert Frank Altmann. Dem Fraunhofer IWM gehe die Arbeit trotzdem nicht aus. Zum Einen würden die mittelständischen Firmen bedient. Zum Anderen stützten sich auch die großen Konzerne bei komplizierten Problemen gern auf die Kompetenz und die breite und langjährige Erfahrung der Fraunhofer-Mitarbeiter in Halle. Und solche Probleme, betont Altmann, entstünden immer wieder, weil immer mehr Funktionen auf immer kleinerem Raum integriert werden.

Neben den Dienstleistungen der Analyse und Verfahrensentwicklung für die industriellen Partner aus der Mikroelektronik arbeitet das Fraunhofer IWM deshalb gemeinsam mit Carl Zeiss auch an der Weiterentwicklung der Zweistrahltechnik selbst. „Schließlich muss die Analysetechnik Schritt halten mit den technologischen Entwicklungen auf Waferebene, und das ist eine große Herausforderung“, sagt Altmann.

Bis Ende 2006 bringen die Fraunhofer-Mitarbeiter ihre Expertise so mit doppeltem Nutzen ein. Die Analysen dienen zur Technologieoptimierung der Mikroelektronik-Produkte genauso wie zur Optimierung der Analysetechnik.

Innovative Ionenstrahltechnik

Die fokussierte Ionenstrahltechnik ist ein universelles Werkzeug zur Materialbearbeitung im Mikro- und Nanometerbereich. Ein Ionenstrahl trifft punktgenau eine zehn Nanometer große Stelle und trägt in diesem Bereich Material ab. Mit Hilfe von Gasen kann man zusätzlich auch materialselektiv abtragen oder spezielle Materialien auf Substratoberflächen abscheiden.

Der Ionenstrahl wird in vorgegebenen Bereichen elektrostatisch bewegt und so zur gezielten Probenbearbeitung bzw. Freilegung von fehlerhaften Strukturen mit Nanometer-Präzision eingesetzt. In der Regel wird zusätzlich ein Querschnitt des Fehlerbereichs in Form einer 100 Nanometer dünnen Lamelle feinpoliert und für die hochauslösende Transmissionselektronenmikroskopie herauspräpariert. Eine weiter entwickelte Nadelmanipulationstechnik erlaubt es, eine solche Lamelle ohne mechanische Vorpräparation direkt auf dem Probenmaterial herzustellen und herauszutrennen. Dauer und Flexibilität der FIB- Präparation konnten so bereits entscheidend verbessert werden.

(idw – Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM, 09.08.2005 – DLO)

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