Nanotechnologie

Nanostrukturen als Transportvehikel für Medikamente

Forscher: Gezielte Freigabe von Wirkstoffen im Körper denkbar

Nanomaterialien mit winzigen Poren versprechen wahre Universalgenies zu werden: So sollen etwa winzige Kügelchen mit noch kleineren Poren Medikamente an die richtige Stelle im Körper transportieren und dort gezielt freisetzen. Damit sich diese Materialien aber auch genau so verhalten, wie man es von ihnen erwartet, muss man möglichst genau verstehen, wie sie von innen aussehen und wie sich zum Beispiel Moleküle von Arzneimitteln wie etwa Proteine in ihnen bewegen. Einem Wissenschaftlerteam ist nun ein wichtiger Schritt in diese Richtung gelungen.

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Wie sie in der aktuellen Ausgabe von „Nature“ berichten, konnten sie erstmals die lokale Struktur von solchen so genannten mesoporösen Nanogebilden und die Bewegung von Molekülen in solchen Strukturen miteinander korrelieren.

Mesoporöse Feststoffe mit Porendurchmessern von zwei bis 50 Nanometern, können eine Vielzahl verschiedener Strukturen annehmen. Zur Herstellung nutzt man dabei die Selbstorganisation oberflächenaktiver Moleküle – Template. Das funktioniert ähnlich wie bei Seifenmolekülen in Wasser. Diese ordnen sich von selbst in so genannten Mizellen an, winzigen Kügelchen, die sich an ihrer Oberfläche mit dem Wasser verbinden und in ihrem Inneren Fette aufnehmen können. Molekulare Bausteine lagern sich um diese Template herum und bilden durch Vernetzung einen Festkörper, der mit templategefüllten Hohlräumen durchzogen ist.

Diese Hohlräume können die Form von Kugeln, Kanälen oder auch von Schichten haben. Das kann zum Beispiel so aussehen wie ein Bündel Makkaroni. Aufgrund ihrer über weite Bereiche hinweg modifizierbaren Eigenschaften sind diese porösen Materialien ideale „Wirte“ für eine Fülle von Anwendungen, etwa in der Katalyse, für die geschützte Aufnahme von Proteinen und die gezielte Freisetzung von Arzneimitteln oder als Matrix für die Herstellung von superdünnen Drähten für die Nanoelektronik.

Verhalten von Molekülen auf der Spur

Da die Anordnung der Poren und Gänge in diesen Materialien besonders die Bewegungen von Molekülen innerhalb des Systems beeinflusst, ist es von großem Interesse, das Verhalten dieser Moleküle mit der lokalen Struktur des Wirtssystems zu korrelieren. Diese Bewegungen lassen sich zum Beispiel mit Hilfe der Einzelmolekülfluoreszenzmikroskopie beobachten, die bereits detaillierte Einblicke in die Dynamik verschiedenster biologischer Vorgänge in Zellen bis hin zur heterogenen Katalyse geben konnte. Einzelne fluoreszierende Farbstoffmoleküle kann man sich als leuchtende Sonden vorstellen, mit denen man die Diffusionsprozesse im Inneren poröser Wirte verfolgen kann. Aus den Wegen der Moleküle lassen sich dann Rückschlüsse auf die Struktur des porösen Wirtsmaterials ziehen.

Die Einzelmolekülmikroskopie liefert dabei zwar eine deutlich höhere Auflösung als die konventionelle optische Mikroskopie, nämlich bis zu wenigen Nanometern. Durch das Verfolgen einzelner Moleküle kann man aber nur indirekt die Kanalsysteme beobachten, in die das Molekül eindringen kann. Die Transmissionselektronenmikroskopie, deren Auflösung noch höher ist – sie liegt im atomaren Bereich – ist dagegen in der Lage, die gesamte Struktur abzubilden. Sie liefert jedoch keinerlei dynamische Informationen über die Bewegung der Gastmoleküle. Daher war es bis jetzt nicht möglich, die Diffusion einzelner Moleküle mit der realen nanoporösen Struktur ihrer Umgebung zu korrelieren.

Wie Moleküle wandern

Gemeinsam gelang es nun den Forschern um Professor Christoph Bräuchle und Professor Thomas Bein von der Universität München im Rahmen der Exzellenz-Cluster „Nanosystems Initiative Munich (NIM)“ und „Center for Integrated Protein Science Munich (CiPSM)“ die Kombination von Einzelmolekülfluoreszenzmessungen und elektronenmikroskopischen Aufnahmen an derselben Position innerhalb einer mesoporösen Struktur.

Die Forscher zeigen, wie einzelne leuchtende Farbstoffmoleküle durch geradlinige oder stark gekrümmte Bereiche eines mesoporösen Kanalsystems wandern, wie sie an Domänengrenzen oder am Übergang zu amorphen Gebieten zur Umkehr gezwungen werden, und sogar wie sie durch Defektstellen in der Wand von einem Kanal zum nächsten schlüpfen können. Außerdem konnten in verschiedenen Bereichen der Wirtsstruktur unterschiedliche Diffusionsgeschwindigkeiten nachgewiesen werden – abhängig von der vorherrschenden Struktur.

Neue Erkenntnisse über Defektstruktur poröser Materialien

Der neue experimentelle Ansatz liefert den Forschern detaillierte Informationen über die reale Defektstruktur poröser Materialien mit einer hohen räumlichen Auflösung, die mit herkömmlichen Beugungsmethoden nicht erreicht werden kann, da diese immer einen Mittelwert über größere Bereiche hinweg abbilden. Ebenso erhalten sie auf diese Weise lokal aufgelöste dynamische Informationen in Echtzeit, die mit konventionellen Diffusionstechniken ebenfalls nicht erzielt werden können.

Die Forscher erwarten von dieser neuen Methode detaillierte Einblicke in die reale Struktur und Dynamik vieler poröser Materialien und wichtiger Wirt-Gast Systeme, beispielsweise von bioaktiven Molekülen in porösen Materialien für den zielgerichteten Transport von Arzneimitteln, von Reaktionspartnern in porösen Katalysatoren, oder bei der Herstellung von Nanodrähten für die Sensorik von morgen.

(idw – Universität München, 04.12.2007 – DLO)

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