Origami als Vorbild: US-Forscher haben ein Material entwickelt, das auf Knopfdruck seine Form, Größe und Festigkeit verändern kann. Clou des Ganzen ist die in sich gefaltete Struktur, die für die nötige Flexibilität und Variabilität sorgt. Durch Strom, Wärme oder Wasser gesteuert, könnten sich beispielsweise Dächer oder Fassaden aus diesem Material von selbst der Umwelt anpassen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten.
Ein Haus, das in einen Rucksack passt oder eine Wand, die auf Knopfdruck ein Fenster bekommt – das klingt fantastisch, wird aber dank neuer Materialien durchaus realistisch. Denn die Fähigkeit, gezielt Nanostrukturen zu größeren Einheiten zusammenzusetzen, ermöglicht inzwischen das Design von Materialien mit ungewöhnlichen Eigenschaften. So schufen Forscher bereits das kleinste Fachwerk der Welt, aber auch winkende Nanoroboter aus DNA.
Snapology-Origami als Vorbild
Jetzt haben Johannes Overvelde von der Harvard University und seine Kollegen die Nanokonstruktion noch einen Schritt weiter geführt: Sie entwickelten ein Material, das seine Form, Größe und Festigkeit flexibel verändern kann. Vorbild für dessen Struktur war die Origami-Technik „Snapology“, bei der eine Mischung aus Falten und Verweben dreidimensionale Formen erzeugt, die sich flexibel verändern.
Ähnlich bei dem Prototyp des neuen Materials: Seine Grundeinheit ist ein würfelähnliches Gebilde mit 24 Seiten und 36 Kanten. Weil seine dünnen Wände flexibel verknüpft sind, kann es entlang der Kanten zusammengefaltet werden. Die Forscher verbanden 64 solcher Würfel zu einem dreidimensionalen, etwa einen Zentimeter großen Kubus, der je nach Konfiguration seine Form verändert, größer wird oder sich sogar ganz flach zusammenlegen lässt.
Faltachsen machen das Material wandelbar
Erreicht wird dies, weil jede Grundeinheit entlang bestimmter Achsen faltbar ist. Während sich die Form ändert, beeinflusst dies auch die Festigkeit und Stabilität des Materials, wie die Forscher erklären. Aus der gleichen Grundstruktur können daher je nach Faltung sowohl flexible als auch steife Objekte entstehen.
Der große Vorteil dabei: „Diese neue Klasse von faltbaren Materialien ist vollständig skalierbar. Sie funktioniert von der Nanometerskala bis zu metergroßen Objekten“, erklärt Overvelde. „Man könnte daraus alles Mögliche machen, von chirurgischen Stents bis hin zu tragbaren Popup-Zelten für die Katastrophenhilfe.“
Bewegt sich durch eingebaute Motoren
Und noch etwas kommt hinzu: Indem die Forscher pneumatische Aktuatoren direkt mit in die Struktur einbauten, konnten sie diese so programmieren, dass sie automatisch ihre Form ändert. „Diese Struktur kann damit genutzt werden, um faltbare und reprogrammierbare Objekte zu erstellen, deren Form, Volumen und Steifigkeit kontinuierlich kontrolliert und gesteuert werden kann“, erklärt Overvelde.
Ähnliches ließe sich auch mit elektrischen, thermischen oder wassergetriebenen Motoren erreichen: „Die Möglichkeit, alle Kontrollsysteme direkt zu integrieren und mit Aktuatoren zu verbinden, eröffnete ganz neue Design-Möglichkeiten für solche wandelbaren Strukturen“, sagt Koautor James Weaver. So könnte man beispielsweise bewegliche Dächer, tragbare Schutzräume oder sich anpassende Fassaden daraus bauen. (Nature Communications, 2016; (Harvard School of Engineering and Applied Sciences, 14.03.2016 – NPO)