Schwieriger Luftraum für Roboter: Auch in Städten sollen Drohnen zukünftig mehr und mehr Aufgaben übernehmen, von Sicherheit bis Lieferservice. Die städtische Umgebung macht den robotischen Fliegern jedoch noch zu schaffen. Um diese Probleme zu lösen, sollen zukünftig die Tricks von Vögeln und Insekten als Vorlage dienen. In einer Sonderausgabe des Fachmagazins „Bioinspiration and Biomimetics“ stellen gleich mehrere Forscherteams solche Arbeiten vor.
Ferngelenkte oder automatisierte Roboter werden in naher Zukunft mehr und mehr Teil unseres Alltags sein: Erkundungs- und Rettungsmissionen in Katastrophengebieten, Sicherheit und Überwachung, aber auch Alltägliches wie Paket- und Kurierdienste sollen solche Drohnen bald bewältigen können. Städte sind mit ihrer dichten Bebauung oft jedoch eine Herausforderung bei solchen Aufgaben: Viele Hindernisse versperren den Weg oder die Sicht, glatte Oberflächen machen Start und Landung schwierig. In den Straßenschluchten herrschen oft überraschend starke oder verwirbelte Winde, die das Flugverhalten und damit die Sicherheit der Drohnen auf die Probe stellen.
Tauben und Fruchtfliegen kommen in der Stadt zurecht
Zahlreiche Wissenschaftler wollen diese Probleme lösen, indem sie sich von der Natur inspirieren lassen. Das Fachmagazin „Bioinspiration and Biomimetics“ hat diesen Forschungsansätzen eine eigene Sonderausgabe gewidmet. „Fliegende Tiere sind überall in unseren Städten zu finden“, sagt David Lentink von der Stanford University. „Von Futter suchenden Tauben bis zu Alkohol schnuppernden Fruchtfliegen haben diese Tiere schnell gelernt, kontrolliert durch städtische Umgebungen zu fliegen und unsere Ressourcen zu nutzen.“ Drohnen müssten die Tricks der Tiere lernen, um diese Schwierigkeiten genauso gut zu meistern und zuverlässig und sicher zu arbeiten.
Wissenschaftler aus Ungarn lösten das Problem der unübersichtlichen Bebauung, indem sie ihre Drohnen Schwärme bilden lassen: Mithilfe eines neu entwickelten Algorithmus fliegen bis zu neun einzelne Fluggeräte in einer Gruppe zusammen. Auf diese Weise kann der Drohnen-Schwarm seine Aufmerksamkeit bündeln, und zum Beispiel leichter einem fahrenden Auto folgen oder ein größeres Gebiet absuchen.
Anregungen aus der Insektenwelt
Auf Miniaturisierung setzt dagegen ein Forscherteam der US-amerikanischen Harvard University. Die von den Ingenieuren gebaute Mikro-Drohne ist nur so groß wie eine Cent-Münze und erinnert mit ihren schlagenden Flügeln an eine Stubenfliege. Die Vision der Forscher: Ganze Schwärme dieser elektronischen Insekten könnten in der Landwirtschaft die Bestäubung von Pflanzen übernehmen. Auch für die Insektenforschung wären sie von großem Wert.
Bis es einmal soweit ist, müssen die automatischen Helfer jedoch auch mit ungünstigen Umweltbedingungen fertig werden. Frost, Regen, Sturm oder Gewitter dürfen den Drohnen nichts anhaben. Gerade für fliegende Roboter sind starker Wind und plötzliche Luftwirbel eine Gefahr. Motten hingegen scheinen mit wirbelnden Luftströmungen kaum Probleme zu haben, fanden Wissenschaftler in Kalifornien heraus. Sie beobachteten das Flugverhalten von Motten in einem Windkanal. Besonders die Tricks, mit denen die Insekten die Kontrolle nach einem plötzlichen Luftwirbel wiedererlangen, wollen die Forscher auch für Drohnen kopieren.
Springen und Gleiten statt Fliegen
Fliegen zu können bietet zwar eine Menge Vorteile – es kostet aber auch eine Menge Energie. Und gerade für ein Leichtbau-Gerät wie eine Drohne ist die Energieversorgung oft begrenzt. Um einen energiesparenden Mechanismus zu entwickeln, ließen sich kanadische Wissenschaftler weder von Vögeln noch Insekten inspirieren. Nach dem Vorbild von Flughörnchen, fliegenden Fischen und fliegenden Schlangen konstruierten sie einen „Spring-Gleiter“. Statt zu fliegen, springt dieser Roboter mit einem Federmechanismus in die Höhe und gleitet dann mit seinem flugzeug-ähnlichen Körper durch die Luft. Springen und Gleiten soll für leichte Roboter eine energieeffiziente Alternative zum echten Fliegen bei Erkundungseinsätzen in unwegsamem Gelände sein.
Insgesamt 14 Artikel präsentieren in der Sonderausgabe neue Forschungsansätze. Von Tierstudien bis zu ersten Prototypen, zeigen sie alle jedoch, wie viele Verbesserungen sich für die Flugroboter von der Natur abschauen lassen. Lentink fasst zusammen: „Jeder der veröffentlichten Artikel liefert Erkenntnisse und Lösungen, die städtische Drohnen für ihren Erfolg brauchen“.
Bioinspiration and Biomimetics – Special issue on bioinspired flight control
(IOP Science, 26.05.2014 – AKR)