Barriere geknackt: Physikern ist es erstmals gelungen, die Masse des Neutrinos auf unter 0,8 Elektronenvolt einzugrenzen – dies entspricht weniger als einem Milliardstel der Protonenmasse. Der neue Wert ist ein wichtiger Schritt zur Enträtselung dieser für das Standardmodell und die Kosmologie bedeutsamen Elementarteilchen, wie das Team in „Nature Physics“ berichtet. Möglich wurde die Messung mit dem KATRIN-Experiment in Karlsruhe, das den Betazerfall von Tritium als Messmethode nutzt.
Neutrinos gehören zu den häufigsten und zugleich rätselhaftesten Teilchen unseres Universums. Denn diese Elementarteilchen wechselwirken kaum mit Materie, haben so gut wie keine Masse und ihre drei Sorten können sich buchstäblich im Fluge ineinander umwandeln. Gleichzeitig könnten diese „Geisterteilchen“ eine wichtige Rolle für noch unerklärte kosmische Phänomene spielen – vom mysteriösen Ungleichgewicht zwischen Antimaterie und Materie über „neue Physik“ jenseits des Standardmodells bis hin zu den noch unbekannten Teilchen der Dunklen Materie.
Entscheidend für all diese offenen Fragen ist die Masse der Neutrinos – eine bislang unbekannte Größe. Nach dem Standardmodell der Teilchenphysik müssten diese Teilchen eigentlich masselos sein. Doch die Entdeckung der Neutrino-Oszillationen widerlegte dies. Demnach besitzen die drei Neutrinosorten eine winzige, aber für sie charakteristische Masse. Theoretische Modelle und bisherige Messungen grenzen diesen Wert auf den Bereich zwischen 2 und 0,02 Elektronenvolt ein.

KATRIN – eine „Waage“ für Neutrinos
Doch wie misst man die Masse eines so flüchtigen Teilchens? An diesem Punkt kommt das KATRIN-Experiment ins Spiel – die weltgrößte „Waage“ für Neutrinos. Die 70 Meter lange Anlage am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) nutzt den Betazerfall von radioaktivem Tritiumgas als Basis ihrer Messungen. Bei diesem Zerfall werden ein Elektron und ein Antineutrino frei. Dieses Antineutrino ist nicht direkt nachweisbar und auch seine Masse lässt sich nicht bestimmen – wohl aber die des Elektrons.