Es ist das schwerste Flugzeugunglück in der Geschichte der Air France und bis heute nicht aufklärt: der Absturz des Fluges AF447 in der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni 2009 vor der Nordostküste Brasiliens. Jetzt soll erneut eine große Suchaktion nach dem Wrack und dem Flugschreiber suchen. Mit dabei auch ein autonomes Tauchfahrzeug aus Deutschland.
In der Nacht vom 31. Mai zum 01. Juni 2009 verschwand der Air France- Flug AF 447, unterwegs von Rio de Janeiro nach Paris, plötzlich spurlos. Ohne jeden Notruf, ohne Zeugen und ohne Radarüberwachung schein das Flugzeug vor der brasilianischen Küste wie vom Erdboden oder eher dem Ozean verschluckt worden zu sein. Noch in der Nacht registrierte die Flugüberwachung, dass der Flug überfällig war und vermutete einen Absturz. Am nächsten Norgen wurden Schiffe und Flugzeuge verschiedener Organisationen mobilisiert, um das Wrack und möglicherweise noch Überlebende des Flugzeugunglücks zu finden.
Erst Tage nach dem Unglück wurden einzelne Wrackteile und auch einige Opfer geborgen, deutlich nördlich der noch fünf Minuten vor dem wahrscheinlichen Absturzzeitpunkt vom automatischen Signal übermittelten letzten Position des Flugzeugs. Die Hauptteile des Wracks inklusive der Flugschreiber liegen jedoch noch immer unentdeckt auf dem Grund des Atlantiks, der im Unglücksgebiet bis zu 5.000 Meter tief ist.
Vierte Suchkampagne nach Wrack der AF 447
Jetzt startet die französische Untersuchungsbehörde für Flugunfälle BEA zusammen mit Air France und Airbus vom brasilianischen Hafen Suape aus die vierte, großangelegte Suchaktion nach dem Wrack von AF447. Dabei sollen bis Juli 2011 insgesamt 10.000 Quadratkilometer Seefläche systematisch abgesucht werden. Die Ausrüstung besteht dabei aus einem speziellen Suchschiff, sowie drei autonomen Unterwasserfahrzeugen des Typs REMUS 6000, darunter auch das autonome Unterwasserfahrzeug AUV ABYSS des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR).
Autonome Tauchfahrzeuge als „Suchhunde“
Alle drei AUVs bilden das technische Rückgrat der neuen Suchaktion. Die rund vier Meter langen und knapp eine Tonne schweren, zigarrenförmigen Geräte können bis zu 6.000 Meter tief tauchen und dabei bis zu 24 Stunden lang selbständig Kurse abfahren. Währenddessen vermessen sie aus der kurzen Distanz von weniger als 50 Metern den Meeresboden mit hoch auflösenden Sonarsensoren. „Wir können mit dem Gerät Gegenstände von der Größe eines Schuhkartons erkennen – kein anderes System ist in diesen Tiefen genauer“, erklärt der Kieler Meeresgeologe Klas Lackschewitz, Leiter des AUV-Teams am IFM-GEOMAR. Außerdem können die REMUS 6000 Geräte zusätzlich mit Foto-Kameras ausgestattet werden, um mögliche Fundobjekte noch genauer in Augenschein nehmen zu können.
Basis für die drei AUVs und ihre Einsatzteams aus Kiel und Woods Hole ist in den kommenden Monaten das 54 Meter lange Forschungsschiff ALUCIA. In drei Fahrtabschnitten á 36 Tagen sollen die drei Geräte systematisch den Meeresboden 40 Seemeilen (ca. 74 Kilometer) rund um die letzte bekannte Position des Fluges AF447 absuchen. „Das Gebiet gilt als wahrscheinlichstes Absturzgebiet“, erklärt Lackschewitz. Bei der Suchoperation im Jahr 2010, bei der das Kieler AUV erstmals zum Einsatz kam, wurde bereits ein Gebiet von rund 2.000 Quadratkilometern innerhalb des 40-Seemeilen-Kreises untersucht.
Kartierung des Meeresbodens als „Nebeneffekt“
„Natürlich wünschen wir uns, dass wir zur Aufklärung dieses Flugunfalls beitragen können, damit die Angehörigen mehr Klarheit über das Schicksal der Opfer erhalten und damit in Zukunft hoffentlich ähnliche Unfälle vermieden werden können“, betont IFM-GEOMAR-Direktor Peter Herzig. Gleichzeitig dient der Einsatz des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten AUV ABYSS auch der Wissenschaft. „Spätestens nach Abschluss der Ermittlungen stehen uns die gemessenen Daten vom Meeresboden des Atlantiks für die wissenschaftliche Auswertung zur Verfügung. Dann existiert von diesem Gebiet mit interessanten geologischen Formationen die größte hochaufgelöste Karte des Meeresbodens weltweit“, ergänzt Herzig.
(Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, Kiel, 23.03.2011 – NPO)