Forscher haben einen Auto-Motor entwickelt, der nicht nur effektiver arbeitet als die herkömmlichen, er stößt bei gleicher Leistung auch nur noch halb so viel CO2 aus. Der Trick dabei: Sie bauten den Motor so um, dass er zu 90 Prozent mit Erdgas läuft. Das senkt die Emissionen eines normalen Golf auf nur noch 56 Gramm CO2 pro Kilometer. Schon in fünf Jahren, so schätzen die Forscher, könnte dieser Erdgas-Diesel-Hybridmotor serienmäßig produziert werden.
Obwohl Autoabgase klimaschädlich sind, tut sich Europa und vor allem Deutschland bisher schwer damit, Grenzwerte für den CO2-Ausstoß der PKWs zu beschließen. Möglicherweise könnte hier eine neue Motorenart helfen und die Autos deutlich umweltfreundlicher machen. Schweizer Forscher haben einen Erdgas-Diesel-Hybridmotor entwickelt, der nur halb so viel CO2 ausstößt. Dies gelingt, weil Erdgas vergleichsweise emissionsarm ist. Es wird in vielen Ländern, wie beispielsweise den USA, im großen Stil gefördert und gilt für die nächsten Jahrzehnte als wichtigste Alternative für Erdöl.
Erdgas-Diesel-Motoren existieren schon seit längerem. Sie kommen in der Industrie vor allem dort zum Einsatz, wo Strom an einem Ort erzeugt und verbraucht wird – beispielsweise für den Betrieb von großen Maschinen. „Bei einem Fahrzeug ändern sich die Drehzahl und die Last jedoch ständig, was den Betrieb des Motors deutlich komplizierter macht“, erklärt Tobias Ott von der ETH Zürich, der die neuartige elektronische Verbrennungssteuerung gemeinsam mit Kollegen entwickelt hat.
Dieseleinspritzung statt Zündkerze
Die ETH-Wissenschaftler haben den herkömmlichen Dieselmotor eines Personenwagens der Golfklasse so umgebaut, dass er zu 90 Prozent mit Erdgas betrieben werden kann. Anstatt mit einer Zündkerze, wie sie bei gewöhnlichen Erdgasmotoren üblich ist, zündet der Motor mit einer kleinen Menge Diesel, welche die Forscher direkt in den Zylinder spritzen und so eine hocheffiziente Verbrennung mit einem maximalen Wirkungsgrad von 39,6 Prozent erreichen. Pro Kilometer gibt der Motor nur noch 56 Gramm CO2 an die Umwelt ab und unterschreitet somit die jetzigen Emissionswerte um das Zwei- bis Dreifache.
Kernstück des neuen Motors bildet ein Sensor, der den Druck in den Zylindern misst. Mit komplexen Steuer- und Regelungsalgorithmen gelang es den Wissenschaftlern, die Menge des Diesels und den Zeitpunkt für das Einspritzen ständig anzupassen und so den Motor mit größtmöglicher Effizienz zu betreiben. Die Forscher koppelten den neuartigen Erdgas-Diesel-Motor an einen kleinen Elektromotor und senkten so den Verbrauch zusätzlich. Sie könnten den Erdgas-Diesel-Motor jedoch auch in ein Fahrzeug ohne elektrische Hybridisierung einbauen. Für eine industrielle Fertigung ist das entscheidend, weil ein Hersteller so größere Stückzahlen produzieren kann.
Serienproduktion in fünf Jahren möglich
Die Wissenschaftler haben die Emissionsreduktion an einem eigens dafür gebauten Prüfstand experimentell nachgewiesen. Im Rahmen dieses Machbarkeitsnachweises gilt es auch, den Antriebsstrang praxistauglich zu machen und letzte technische Probleme zu lösen. „Im Moment beschäftigt uns vor allem die Temperatur im Katalysator“, sagt Ott. Damit dieser richtig zum Laufen komme, müsse er mindestens 300 Grad heiß werden. „Weil unser Verbrennungsmotor die Wärmeenergie aber so effizient in mechanische Energie umwandelt, ist die Abluft insbesondere nach dem Start zu wenig warm.“ Die Wissenschaftler wollen das Problem beheben, indem sie die den Motor während des Warmlaufs speziell regeln.
Otts Kollege Christopher Onder ist überzeugt, dass der Erdgas-Diesel-Motor in fünf Jahren serienmäßig produziert werden kann. „Voraussetzung ist, dass wir einen Industriepartner finden, der die Entwicklung eines Prototypen an die Hand nimmt“, erklärt er. Den Wissenschaftlern ist klar, dass der Erfolg ihres Motors entscheidend von dessen Produktionskosten abhängt. Ihre Lösung sei vergleichsweise kostengünstig und weil ihr Konzept auf bereits vorhandenen Technologien beruhe, sei es schnell umsetzbar und als Brückentechnologie für die nächsten zehn bis 20 Jahre ideal. Mit einem Automobilhersteller führen die Forscher bereits konkrete Gespräche.
(Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich), 12.09.2013 – NPO)