Infrarotkameras sehen mehr als das bloße Auge und könnten beispielsweise den Straßenverkehr sicherer machen. Bei bisherigen Kameras für den Wellenlängenbereich oberhalb von fünf Mikrometern muss der Sensor jedoch ständig gekühlt werden. Jetzt haben Forscher erstmals einen Detektor entwickelt, der auch bei Raumtemperatur funktioniert. Er eröffnet ganz neue Möglichkeiten auch für den mobilen Einsatz.
Nachts unterwegs auf der unbeleuchteten Landstraße: Die kurvige Strecke ist schwer einzusehen, noch dazu ist es nebelig. Dementsprechend vorsichtig fährt der Autofahrer – und sieht das Reh auf der Straße dennoch erst, als es fast zu spät ist. Mit einer Vollbremsung verhindert er im letzten Moment einen Zusammenprall mit dem Tier. Infrarotkameras könnten in einer solchen Situation für mehr Sicherheit sorgen. Denn Objekte, die ungefähr Körpertemperatur haben, leuchten im fernen
infraroten Wellenlängenbereich von zehn Mikrometern von sich aus. Detektoren in der Kamera könnten diese Wärmestrahlung aufnehmen und so die Wärmequelle orten. Andere Verkehrsteilnehmer würden durch die unsichtbare Infrarotstrahlung nicht beeinträchtigt.
Das Problem: Infrarotkameras für den Wellenlängenbereich oberhalb von fünf Mikrometern mögen es frostig – der Sensor muss ständig auf etwa minus 193 Grad Celsius heruntergekühlt werden. Zwar gibt es auch heute schon ungekühlte Imager für den fernen Infrarotbereich, allerdings werden diese überwiegend im militärischen Bereich eingesetzt und sind am europäischen Markt kaum verfügbar.
Erster Infrarotsensor bei Raumtemperatur
Das soll sich nun ändern: Forschern aus dem Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg ist es gelungen, einen bildgebenden Sensor für den fernen Infrarotbereich zu fertigen, der bei Raumtemperatur funktioniert. »In Deutschland wären wir die ersten, die eine solche Technologie anbieten«, sagt Dirk Weiler, Wissenschaftler am IMS. Erste Labortests mit dem neuen Sensorelement waren erfolgreich: Die Forscher konnten bereits einige Infrarotbilder aufnehmen.
Herzstück des IRFPA-Sensors (Infrared Focal Plane Array) ist ein Mikrobolometer – ein temperaturabhängiger Detektor, der langwelliges Infrarotlicht absorbiert. Um ein zweidimensionales Bild zu erzeugen, sind mehrere Mikrobolometer auf einem Array zusammengefasst. Nimmt nun der
Mikrobolometer Licht von einer Wärmequelle auf, führt das zu einem Temperaturanstieg in seinem Inneren und ändert seinen elektrischen Widerstand.
Digitale Signale ohne Zwischenschritt
Ein Auslesechip wandelt diesen Widerstandswert dann direkt in ein digitales Signal um. Auch das war bisher nicht ohne einen weiteren Zwischenschritt möglich: Normalerweise wird der elektrische Impuls zuerst in ein analoges Signal übersetzt und anschließend mit Hilfe eines Analog/Digital-Konverters digitalisiert. »Wir setzen bei unserem Imager einen ganz spezifischen Konverter, einen Sigma-Delta- Wandler, ein. So ist es uns gelungen, direkt ein digitales Signal zu erzeugen«, erklärt Weiler.
Einsatz in mobilen Geräten jetzt möglich
Da die aufwändige und kostenintensive Kühlung nicht mehr nötig ist, eröffnen sich neben dem Einsatz im Automobil noch weitere Anwendungsfelder. »Vor allem im Bereich von mobilen Geräten dürfte sich durch die neue Entwicklung einiges tun«, ist sich Weiler sicher. Denn ohne Kühlmechanismus lässt sich nicht nur Gewicht sparen. Auch die Akkuleistung und damit die Betriebszeit des mobilen Geräts erhöht sich, da die Energieversorgung für die Kühlung wegfällt. Ein potenzielles Einsatzgebiet für mobile Infrarotkameras ist der Brandschutz, etwa um versteckte Glutnester aufzuspüren oder Personen in verrauchten Gebäuden zu lokalisieren.
(Fraunhofer-Gesellschaft, 02.07.2010 – NPO)