Verschlüsselung wird knackbarer: Forscher haben ein neues Verfahren zum Knacken kryptographischer Codes entwickelt – und damit direkt einen neuen Weltrekord aufgestellt. Sie berechneten diskrete Logarithmen mit 30.750 Bits, das entspricht einer Dezimalzahl mit 9.257 Stellen. Das Entscheidende dabei: Die Umkehrung dieser Rechenoperation wird zum Verschlüsseln genutzt, gerade weil dieser Logarithmus als nahezu unknackbar galt.
Gängige Kryptografie-Verfahren wie beispielsweise die Public-Key-Verschlüsselung verwenden mathematische Operationen, um die Daten vor unbefugten Zugriffen zu schützen. Dabei werden die Daten erst in Zahlen umgewandelt und dann werden diese mit einer bestimmten Potenzfunktion verrechnet und so verschlüsselt. Entschlüsseln kann man sie nur, wenn man dies umkehren kann – durch die Zerlegung in Primzahlen oder mithilfe des diskreten Logarithmus.
Genau diese mathematischen Zerlegungs-Operationen sind jedoch bei großen Zahlen extrem schwierig. Selbst Supercomputer benötigen lange Zeiträume, weshalb diese Verschlüsselungen bisher als praktisch unknackbar galten.
Algorithmen werden besser
Das allerdings könnte sich bald ändern. Bereits 2014 haben Mathematiker einen Algorithmus entwickelt, der den diskreten Logarithmus schneller lösen kann. 2016 legte eine andere Forschergruppe nach und modifizierte einen anderen Algorithmus so, dass er auch größere Zahlen in ihre Primfaktoren zerlegen kann. Ein Quantencomputer kann dann diesen Algorithmus nutzen, um gängige Verschlüsselungen zu knacken.
Jetzt haben Jens Zumbrägel von der Universität Passau und seine Kollegen ein neues Verfahren entwickelt, das eine noch bessere Lösung von diskreten Logarithmen ermöglicht. „Unser Computerprogramm verwendet eine Kombination mehrerer Algorithmen, um seine Laufzeit zu optimieren“, erläutert Zumbrägel. Durch die Rechenleistung mehrere Computercluster gelang es den Forschern damit, einen neuen Rekord aufzustellen.
Neuer Rekord stellt Sicherheit einiger Systeme in Frage
Mit ihrer Methode berechneten die Wissenschaftler den diskreten Logarithmus in einem mathematischen Rechenbereich, einem sogenannten binären Körper, mit 30.750 Bits. Dies entspricht Dezimalzahlen mit 9.257 Stellen. Damit schlagen sie den im Jahr 2014 aufgestellten vorherigen Rekord, der auf einem binären Körper mit 9.234 Bits beziehungsweise 2.780 Dezimalstellen beruhte. Der neue Rekord benötigte drei Jahre Rechenzeit.
Auch wenn drei Jahre nach einer langen Zeit klingen: Die mathematischen Fortschritte der letzten Jahre und die immense Steigerung der Rechenleistung bedeuten, dass einige gängige Verschlüsselungssysteme schon heute keine absolute Sicherheit mehr bieten. Die jetzt von Zumbrägel und seinen Kollegen geknackte Kryptografie-Variante wird unter anderem für die Absicherung von Online-Transaktionen eingesetzt. Bisher galten sie für Zahlen ab etwa 16.000 Bits Größe als sicher – was die Forscher nun widerlegt haben.
„Verstehen, wo Gefahren lauern“
„Solch großformatige Berechnungen helfen uns zu verstehen, wo Gefahren lauern und können zu Einsichten führen, welche in anderen Szenarien angewandt werden“, sagt Zumbrägel. „Deswegen sind diese Experimente immens wichtig für die Beurteilung der Sicherheit der heutigen Kryptographie.“ Zudem gebe es auch konstruktive Anwendungen dieser Algorithmen, sogar in der Kryptographie selbst.
Zumbrägel stellt jedoch auch klar, dass andere Kryptosysteme, welche etwa auf Faktorisierung oder diskreten Logarithmen in Primkörpern oder elliptischen Kurven beruhen, nach derzeitigem Stand weiterhin sicher sind.
Quelle: Universität Passau