Seit 40 Jahren postuliert, jetzt endlich nachgewiesen: Forscher haben erstmals den Materiezustand der Quanten-Spinflüssigkeit in einem realen Material beobachtet. In diesem Zustand scheinen Elektronen in Quasiteilchen zu zerfallen, die sogenannten Majorana-Fermionen. Mit Rutheniumchlorid haben die Physiker nun in Material gefunden, das bei bestimmten Temperaturen zu einer solchen Spinflüssigkeit wird, wie sie im Fachmagazin „Nature Materials“ berichten.
Nach gängiger Vorstellung sind Elektronen Elementarteilchen und damit unteilbar – eigentlich. Doch im Reich der Quantenphysik gelten andere Regeln. Sie ermöglichen Materiezustände, die in der makroskopischen Welt unmöglich wären. Zu diesen gehört die bereits vor gut 40 Jahren vom US-Physiker Phil Anderson vorhergesagte Quanten-Spinflüssigkeit. Dieser mysteriöse Materiezustand tritt unter bestimmten Bedingungen bei magnetischen Festkörpern auf.
Quasiteilchen aus einem Elektron
Normalerweise würden sich die Elektronen in einem solchen Festkörper wie kleine Stabmagnete verhalten: Bei extrem kalten Temperaturen ordnen sie sich so an, dass ihre Spins alle in eine Richtung zeigen. Doch bei einer Spinflüssigkeit ist dies nicht der Fall: In ihr bleiben die Elektronen-Spins ungeordnet, selbst wenn es gelänge, das Material auf den absoluten Nullpunkt herunterzukühlen.
Und noch etwas tritt in einer solchen Spinflüssigkeit auf: Die Elektronen schienen im angeregten Zustand auseinanderzubrechen. „Bei diesem scheinbar paradoxen Phänomen zerbricht ein Elektron in wohldefinierte, voneinander unabhängige Quasiteilchen“, erklären A. Banerjee vom Oak Ridge National Laboratory und seine Kollegen. Diese sogenannten Majorana-Fermionen sind erst 2014 erstmals in einem Nanodraht nachgewiesen worden.