Innovativer Kohlenstoffspeicher: Chemikern ist es mit einem neuen Ansatz gelungen, das Treibhausgas Kohlendioxid in ein nützliches Material zu verwandeln – in Kohlenstoff-Nanofasern. Möglich wird dies durch eine Tandem-Reaktion, bei der in zwei katalytischen Schritten aus CO2 und Wasser Carbonfasern entstehen, wie die Forschenden in „Nature Catalysis“ berichten. Das Verfahren könnte somit effektiv Emissionen kompensieren und produziert nebenbei auch noch wertvollen Wasserstoff.
Von menschlichen Aktivitäten erzeugtes Kohlendioxid (CO2) ist maßgeblich für die Erderwärmung verantwortlich. Forschende suchen daher seit Langem nach einem eleganten und effektiven Weg, um die CO2-Konzentration in der Luft zu senken und den Kohlenstoff dauerhaft zu speichern. Ohne diese Bemühungen würden die Klimaziele der Weltgemeinschaft wahrscheinlich verfehlt und sich unser Planet weiter erhitzen.
Bisherige Verfahren für dieses sogenannte CO2-Capture benötigen dafür jedoch oft hohe Temperaturen, hohen Druck und insgesamt viel Energie. Sie sind zudem meist wenig effizient und noch nicht in großem Maßstab anwendbar. Auch die Bindung und Speicherung des Kohlenstoffs durch CCS-Technologien ist bislang noch nicht ausgereift.
Neues Tandem-Verfahren umgeht bisherige Hürden
Eine Forschungsgruppe um Zhenhua Xie von der Brookhaven National Laboratory des US-Energieministeriums und der Columbia University in New York hat nun erfolgreich einen anderen Ansatz getestet. Das von ihnen entwickelte chemische Verfahren kombiniert erstmals zwei Reaktionen miteinander, um die hohen Hürden des Einzelschritts zu umgehen. Der erste Schritt ist eine elektrochemische Co-Reaktion von Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) zu Kohlenmonoxid (CO), Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2).
Der zweite Schritt umfasst eine thermochemische Folgereaktion von CO zu atomarem Kohlenstoff, die bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen von rund 400 Grad Celsius und Normaldruck abläuft. Aus dem dabei erzeugten Kohlenstoff können dann feste Carbonfasern mit einem Durchmesser von etwa 20 Nanometern gebildet werden. Pro Stunde und pro Gramm Metallkatalysator wurden in ersten Tests durchschnittlich 2,5 Gramm Carbonfaser gebildet, wie das Team berichtet.
Optimale Katalysatoren
Durch die Aufteilung der Reaktion in zwei Phasen konnten die Forschenden auch erstmals zwei verschiedene Arten von Katalysatoren verwenden. Das sind Materialien, die chemische Reaktionen erleichtern und beschleunigen, ohne selbst dabei verändert zu werden. Um die idealen Katalysatoren zu finden, verwendeten die Forschenden klassische chemische und physikalische Experimente sowie Computersimulationen.
Im neuen Verfahren von Xie und seinen Kollegen sind dies ein Elektrokatalysator aus Palladium und Kohlenstoff, der über Strom funktioniert, sowie im zweiten Schritt ein Thermokatalysator aus einer Eisen-Kobalt-Legierung (FeCo/CeO2) und metallischem Kobalt (Co), der durch Hitze aktiviert wird. Während die Legierung die C-O-Bindung des Kohlenmonoxids aufbricht, unterstützt das Kobalt die Bildung von neuen C-C-Bindungen für die Carbonfasern, wie die Forschenden berichten. „Durch die Kopplung von Elektrokatalyse und Thermokatalyse in diesem Tandemprozess, erreichen wir Dinge, die mit keinem der beiden Prozesse allein erreicht werden können“, erklärt Seniorautor und Xies Kollege Jingguang Chen.
Hoffnung auf Emissionsausgleich
Carbonfasern sind ein vielseitiges und robustes Material, das Strom und Wärme leitet und daher für verschiedenste Zwecke verwendet werden kann. „Man kann die Kohlenstoff-Nanofasern beispielsweise in Zement einbringen, um diesen zu verstärken”, sagt Chen. Dadurch würde der Kohlenstoff für mindestens 50 Jahre, möglicherweise sogar länger, im Beton gebunden bleiben. „Bis dahin sollte die Welt auf vorrangig erneuerbare Energiequellen umgestellt werden, die kein CO2 ausstoßen.“
Mit ihrem Ansatz könnte Kohlenstoff aus der Atmosphäre in Form eines nützlichen Feststoffes gespeichert werden. Dadurch würden langfristig CO2-Emissionen kompensiert und Netto-Null- oder sogar negative Emissionen erreicht werden, erklären die Forschenden. Als Bonus entsteht bei dem Prozess als Nebenprodukt auch Wasserstoff (H2). Dieses Gas gilt als vielversprechender alternativer Kraftstoff, der bei seiner Verwendung emissionsfrei ist. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Tandemstrategie eine Tür für die Dekarbonisierung von CO2 in wertvolle feste Kohlenstoffprodukte öffnet und gleichzeitig erneuerbaren Wasserstoff produziert“, so Chen.
Recycling der Katalysatoren
Damit die chemische Reaktion jedoch nachhaltig und wirtschaftlich ist, müssen die Katalysatoren mehrfach verwendet werden können. Xie und seine Kollegen entwickelten daher auch eine Methode, um die Carbonfasern wieder von den Katalysatoren zu trennen. „Wir verwenden Säure, um das Metall herauszulösen, ohne die Kohlenstoff-Nanofasern zu zerstören, sodass wir die Metalle konzentrieren und recyceln können, um sie erneut als Katalysator zu verwenden“, berichtet Chen.
Insgesamt sei ihr Prozess damit sowohl kostengünstig als auch energiearm, sagen die Forschenden. Er könne daher verwendet werden, um CO2 aus der Luft abzuscheiden. Wenn ihr Verfahren obendrein durch erneuerbare Energien angetrieben würde, wären die Ergebnisse sogar CO2-negativ. Das heißt, es würde mehr CO2 aus der Luft entfernen als auszustoßen. (Nature Catalysis, 2024; doi: 10.1038/s41929-023-01085-1)
Quelle: US-Energieministerium (DOE) / Brookhaven National Laboratory