Teilchenjagd mal anders: Auf Grönland soll künftig ein neuartiger Detektor kosmische Neutrinos nachweisen – extrem energiereiche, aber schwer fassbare Elementarteilchen. Anders als bisherige Detektoren tut er dies, indem er die schwachen Radiowellen einfängt, die bei Kollisionen der Neutrinos mit den Atomen des Eises freiwerden. Auch der IceCube-Detektor in der Antarktis soll schon bald mit solchen Neutrino-Antennen nachgerüstet werden.
Neutrinos sind nahezu masselos und interagieren nur selten mit Materie. Entsprechend schwer ist es, diese in der Sonne, bei radioaktiven Zerfällen oder beim Verschlingen von Materie durch ein Schwarzes Loch freigesetzten „Geisterteilchen“ zu detektieren. Bisher nutzen Neutrino-Detektoren meist Photosensoren, die die schwachen, bei der Kollision des Teilchens mit einem Atom freiwerdenden Lichtblitze einfangen. Die Sensoren umringen entweder große Flüssigkeitstanks oder sind im Eis der Antarktis oder am Grund des Mittelmeeres installiert.
Radiowellen statt Lichtblitze
Das Problem: Für den Nachweis der seltenen, extrem energiereichen kosmischen Neutrinos sind die bisherigen Neutrino-Observatorien nicht groß genug. Gerade diese hochenergetischen Teilchen sind jedoch für die Wissenschaft besonders spannend: „Diese Eigenschaft macht sie interessant für die Astrophysik, weil sich mit ihnen beispielsweise auch ins Innere explodierender Sonnen oder in verschmelzende Neutronensterne blicken lässt, woher kein Licht zu uns gelangen kann“, erklärt Anna Nelles vom Deutschen Elektronensynchrotron DEY.
Um speziell diese Neutrinos künftig einzufangen, wird zurzeit auf Grönland ein neuartiges Neutrino-Observatorium aufgebaut – das Radio Neutrino Observatory Greenland (RNO-G). Es detektiert die kosmischen Teilchen nicht über das bei Atomkollisionen entstehende Licht, sondern über Radiowellen. Diese entstehen, weil die Kollision des Neutrinos eine Lawine von Sekundärteilchen verursacht, von denen viele elektrisch geladen sind. Ihre Interaktionen geben Radiostrahlung ab, die von hochsensiblen Antennen aufgefangen werden können.