Ob Hochtemperatur-Supraleiter, neue Speichermedien oder das obligate Summen von Transformatoren: Neutronen helfen zu erklären, wie es funktioniert. Die Elementarteilchen ohne Ladung nutzen Wissenschaftler am Paul Scherrer Institut (PSI) in der Schweiz als Sonden, um das Innerste von Materialien zu entdecken.
Grundbausteine der Materie
Sie sind klein, überall vorhanden und wissen nicht genau, was sie sind: Die Neutronen gehören zusammen mit den Protonen und Elektronen zu den Grundbausteinen der Materie. Als solche haben sie die merkwürdige Eigenschaft, dass sie gleichzeitig Teilchen wie auch Welle sein können. Doch statt sich lange über dieses Paradox zu wundern, nutzen die Wissenschaftler am PSI die Besonderheiten der Neutronen, um das Innerste von Materialien zu entdecken – zum Beispiel bei Transformatoren.
Transformatoren summen in elektrischen Geräten leise vor sich hin und sind so verantwortlich, dass es zu Hause selbst in der tiefen Nacht nie ganz still wird. Schuld trägt der Eisenkern im Innern des Transformators, der sich im Rhythmus des Wechselstroms zusammenzieht und ausdehnt und dadurch einen Ton erzeugt. Ein allgemeines Phänomen, das auch Magneto-Striktion genannt wird: Magnetisierbare Körper ändern bei jeder Magnetisierung ihre Länge. Die Theorie, wie das genau funktioniert, hatte bereits der Nobelpreisträger Werner Heisenberg in den 1920er-Jahren geliefert. PSI-Forscher schauten nun mithilfe von Neutronen genauer hin und konnten so erstmals zeigen, dass in Transformatoren die Wechselwirkung zwischen Magnetismus und Atomen weitaus komplizierter ist, als Heisenberg das gedacht hatte. Die viel beachteten Forschungsresultate wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ veröffentlicht.
Technologiesprung bei Computerspeichern
„Das Besondere der Neutronen ist, dass wir mit ihnen nicht nur die Struktur, sondern auch die Zustände einzelner Atome sichtbar machen können“, erklärt Albert Furrer, Leiter des Labors für Neutronenstreuung von PSI und ETH Zürich. Seit 1996 verfügt das PSI über eine eigene Neutronenquelle und nutzt diese für vielfältige Projekte. Forscher aus über 20 Ländern beschiessen dabei die unterschiedlichsten Materialien mit den Neutronen, die durch die Kollision mit einzelnen Atomen abgelenkt werden und Energie verlieren. Dadurch lassen sich Vorgänge in den Materialien studieren.