Die obere Atmosphäre trägt entscheidend dazu bei, giftiges Quecksilber aus der Luft zurück in die Nahrungsketten zu bringen. Denn erst in großer Höhe wird das Schwermetall in eine Form umgewandelt, die nicht in der Luft bleibt, sondern leicht mit Regen und Schwebteilchen zurück zur Erde transportiert werden kann. Das berichten US-amerikanischen Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“.
„Die obere Atmosphäre wirkt wie ein chemischer Reaktor“, erklärt Erstautor Seth Lyman von der University of Washington. Erst sie mache das vom Menschen freigesetzte Quecksilber wieder verfügbar und führe dadurch zu Umweltproblem wie beispielsweise hohen Quecksilberwerten bei Fischen.
Das für Menschen und Tiere giftige Quecksilber wird vor allem bei der Verbrennung von Kohle, aber auch bei der Brandrodung und in der Zementproduktion freigesetzt. Der Quecksilberdampf steigt auf und wird in großen Höhen oxidiert. Durch diese chemische Reaktion lagert sich das Schwermetall leichter an Staub und Schwebteilchen an und sinkt mit diesen zu Boden.
Quecksilber-Umwandlung direkt in der Atmosphäre beobachtet
Lyman und sein Kollege Daniel Jaffe haben diese ökologisch bedeutsame Umwandlung des Quecksilbers erstmals mit einem Messflugzeug direkt in der Atmosphäre beobachtet und untersucht. Die Messflüge hätten den Beleg dafür geliefert, dass sich dieser Prozess tatsächlich in großen Höhen abspiele, sagen die Forscher.
Bisher sei das zwar vermutet worden, man habe es aber nicht vor Ort belegen können. Wie genau die Oxidation ablaufe und welche Stoffe daran noch beteiligt sind, sei allerdings noch unbekannt.
Ablagerung tausende Kilometer vom Ursprungsort entfernt
Die Forscher ermittelten, dass das Quecksilber zwischen einigen Wochen und einigen Jahren in der Atmosphäre bleiben kann, bevor es wieder absinkt. „Das meiste Quecksilber wird daher weit von seinem Ursprungsort entfernt abgelagert“, sagt Lyman. So könne Quecksilberdampf aus Kohlekraftwerken und Bränden in Asien beispielsweise die Erde mehrfach in der oberen Atmosphäre umkreisen, bevor er oxidiert werde und absinke.
„Wo das Schwermetall wieder abgelagert wird, hängt davon ab, wo und wie es transportiert wird und wo es dann chemisch umgewandelt wird“, erklärt der Forscher. Diese Prozesse zu kennen sei daher wichtig, um vorhersagen zu können, welche Ökosysteme besonders von einer hohen Quecksilberbelastung gefährdet seien.
Messflüge über Nordamerika und Europa
Für ihre Studie führten die Forscher im Oktober und November 2010 Flüge mit einem Messflugzeug über Nordamerika und Europa durch. Mit an Bord war ein an der University of Washington entwickeltes Messgerät, das erstmals sowohl Quecksilberdampf als auch oxidiertes Quecksilber in der Luft messen konnte. Während des Fluges sammelte und analysierte das Gerät alle 2,5 Minuten eine Probe.
„Das Flugzeug hat eine typische Flughöhe von 6.000 bis 7.000 Metern und fliegt damit noch innerhalb der unteren Atmosphäre“, schreiben die Forscher. Aber während der Flüge habe man mehrfach Luftströmungen durchflogen und beprobt, die aus der oberen Atmosphäre, der Stratosphäre stammten. In diesen sei das oxidierte Quecksilber gefunden worden. „Der Anteil dieses Quecksilbers stieg mit dem Anteil der Luft, der aus der Stratosphäre stammte“, sagen Lyman und Jaffe. Das belege, dass der Umwandlungsprozess in der Stratosphäre stattfinde. (Nature Geoscience, doi: 10.1038/ngeo1353)
(Nature Geoscience / dapd, 19.12.2011 – NPO)