Dass der Bildungsbereich in Deutschland krankt, ist nichts Neues. Jetzt hat der gestern in Berlin veröffentlichte OECD-Bericht „Bildung auf einen Blick“ erneut bestätigt, dass Deutschland auch auf dem Gebiet der Hochqualifizierten hinterherhinkt. Der Anteil der Studienanfänger, der Hochschulabsolventen und der Bildungsausgaben ist weniger gewachsen als im OECD-Durchschnitt.
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Der Anteil der Studienanfänger wie auch der Graduierten je Jahrgang ist in den meisten OECD-Ländern in den vergangen Jahren schneller gewachsen als in Deutschland – und das von einem deutlich höheren Niveau. Dies geht aus der diesjährigen Ausgabe der Studie „Bildung auf einen Blick“ hervor, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (OECD) gestern in Berlin vorgestellt hat. So ist der Anteil der Hoch- und Fachhochschulabsolventen je Jahrgang in Deutschland von 2000 bis 2006 von 18 auf 21 Prozent gestiegen. Im OECD-Schnitt wuchs der Graduiertenanteil je Jahrgang im gleichen Zeitraum dagegen von 28 auf 37 Prozent.
„Der Rückstand Deutschlands hat sich also bedauerlicherweise vergrößert“, äußerte sich die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Professor Margret Wintermantel besorgt. „Es ist außerdem nicht gelungen, die Abschlussquote merklich zu erhöhen. Besonders besorgniserregend ist, dass Deutschland bei den Absolventen der Ingenieurwissenschaften weit unter dem OECD-Durchschnitt liegt.“
Naturwissenschaftler unterrepräsentiert
Obwohl in kaum einem anderen OECD-Land ein größerer Anteil der Studierenden einen Abschluss in naturwissenschaftlich-technischen Fächern erwirbt, sind aufgrund der insgesamt geringen Absolventenquote in Deutschland Hochqualifizierte in diesem Fächern unter den jungen Erwerbstätigen deutlich unterrepräsentiert. So kommen 2006 im OECD-Schnitt auf 100.000 Erwerbstätige im Alter von 25 bis 34 Jahre 1.649 Hochqualifizierte mit naturwissenschaftlich-technischem Studium. In Deutschland sind es dagegen nur 1.423 je 100.000 Erwerbstätige.
„Im internationalen Vergleich kann die Entwicklung in Deutschland nicht befriedigen. Deutschland verliert bei der Ausbildung von Hochqualifizierten trotz einiger positiver Schritte weiter an Boden“, sagte die für Bildung zuständige OECD-Direktorin Barbara Ischinger bei der Vorstellung der Studie.
Bildungsausgaben zu niedrig?
Einer der Schlüssel für das Abschneiden könnte das Geld sein, das in die Bildung investiert wird. „Die diesjährigen Indikatoren zeigen zwar deutlich, dass es Bemühungen gibt, die Investitionen in Bildung zu steigern“, erklärt Ischinger, „dennoch bleibt die Frage, ob die zur Verfügung gestellten Ressourcen mit den demografischen und strukturellen Veränderungen der letzten zehn Jahre Schritt gehalten haben.“
Deutschland scheint auf jeden Fall auch hier hinterher zu hinken: Anders als in den meisten anderen OECD-Ländern sind die Bildungsausgaben in Deutschland in den vergangenen Jahren langsamer gewachsen als die öffentlichen Ausgaben insgesamt. Stieg im OECD-Mittel zwischen 2000 und 2005 der Anteil der Bildungsausgaben von 12,8 auf 13,2 Prozent der Gesamtausgaben der öffentlichen Hand, ist er in Deutschland von 9,9 auf 9,7 Prozent gesunken. Nur in Japan und Italien ist der Anteil der Bildungsausgaben an den öffentlichen Ausgaben geringer.
„Wir brauchen eine vernünftige Ausfinanzierung, die wir mit 2,6 Milliarden Euro jährlich beziffert haben“, so Wintermantel. „Deutschland liegt bei den Ausgaben pro Studierendem (ohne F&E-Aktivitäten) an 11. Stelle. Damit können wir uns nicht zufrieden geben. Die globale Wettbewerbsfähigkeit unseres Hochschulsystems ist jede Anstrengung wert.“
(OECD, HRK, 10.09.2008 – NPO)