Skurril: Querschnittsgelähmte können künftig ihre Rollstühle und andere Hilfsmittel mit den Ohren steuern. Das klingt verrückt, funktioniert aber erstaunlich gut, wie Experimente zeigen. Probanden lernten dabei, ihre Ohrmuskeln anzuspannen und über diese Signale einen Rollstuhl zu lenken. Schon nach fünf Tagen Taining steuerten sie einen Rollstuhl damit unfallfrei durch ein Gebäude. Die Forscher wollen nun den Prototyp zu einem voll implantierbaren System weiterentwickeln.
Menschen, die von der Brust oder dem Hals abwärts querschnittsgelähmt sind, können ihre Beine und Arme nicht mehr bewegen. Damit aber ist es für sie extrem schwer, Möglichkeiten zu finden, einen Rollstuhl oder einen Computer zu bedienen. Bisher gibt es dafür nur Syteme, die über die Atmung, beispielsweise ein Pusten, oder aber durch Blickbewegungen gesteuert werden. Der Nachteil dabei: Während die Betroffenen diese Steuerung nutzen, können sie nicht sprechen oder ihren Gegenüber anschauen.
Ohrmuskeln als Steuerhilfe
Wissenschaftler aus Göttingen, Heidelberg und Karlsruhe haben daher nach einer anderen Methode gesucht. Ihre Idee: Was wäre, wenn die Gelähmten ihre noch funktionierenden Ohrmuskeln als Kontrollorgan einsetzen würden? Denn aus früheren Studien ist bekannt, dass Menschen zware meist ihre Ohren nicht so stark bewegen können, dass dies sichtbar wird. Die Ohrmuskeln lassen sich aber durchaus willkürlich steuern.
Die Forscher entwickelten daher den Prototyp einer innovativen Mensch-Maschine-Schnittstelle – einem System, das Ohrmuskeln und Computersteuerung verbindet. Dabei zeichnet ein kleiner Chip hinter dem Ohr Muskelsignale auf, die dann per Funk an einen Computer übertragen werden. Dieser wandelt diese Signale in Stuerbefehle für einen Rollstuhl um. „Eine besondere Herausforderung war für uns, eine technische Lösung zu finden, die eine störungsunanfällige Messung der kleinen Signale der Ohrmuskeln bringt“, erklärt Rüdiger Rupp vom Querschnittzentrum des Universitätsklinikums Heidelberg.