Mathematik

Olympiade: Forscher prognostizieren Medaillenspiegel

Auswertung statistischer Daten verrät schon im Voraus das Abschneiden der Teilnehmerländer

Gold-, Silber- und Bronze-Medaillen der XXX.Olympischen Spiele in London © www.london2012.com

Schon bevor in London am 27. Juli die XXX. Olympischen Spiele richtig losgehen, wagen Ökonomen der Ruhr-Universität Bochum eine Prognose des endgültigen Medaillenspiegels – ohne den Trainingsstand der Athleten zuvor gemessen zu haben. Nach Auswertung zahlreicher statistischer Daten sagen sie voraus, dass China mit 102, die USA mit 100 und Russland mit 71 Medaillen die ersten drei Plätze einnehmen werden. Deutschland sehen sie mit 36 Medaillen auf dem siebten Platz – das entspricht zwölf Prozent weniger als bei der letzten Olympiade.

Bei Olympischen Spielen geht es nicht nur um den persönlichen Erfolg des einzelnen Sportlers, sondern auch um den Wettbewerb der Nationen; jeder schaut auf den Medaillenspiegel, dafür investieren die Länder in den Erfolg. So hat China vor den Olympischen Spielen 2008 in Peking mehr als 4,5 Milliarden US-Dollar für die Sportförderung ausgegeben, um die USA als Sportsupermacht abzulösen – eine erfolgreiche Investition. Auch die britische Regierung hat in den vergangenen Jahren in Erwartung der Olympischen Spiele 2012 die Investitionen in die Spitzensportförderung erheblich gesteigert. Doch nicht das Geld allein beeinflusst, welche Nation letztlich die Nase vorn hat.

Bevölkerungsreiche Länder haben mehr talentierte und damit erfolgreiche Sportler als kleine Länder; wohlhabende Länder können mehr für ihre Sportler aufwenden als Staaten mit vergleichsweise niedrigem Pro-Kopf-Einkommen, denen es schwer fällt ein effizientes Fördersystem für talentierte Athleten zu betreiben. Zudem gibt es Länder, von denen man nach diesen Messgrößen im Vorfeld nicht erwartet hätte, dass sie vorn landen, wie etwa Jamaica 2008 in Peking. Schließlich üben politische Systeme einen Einfluss auf den Erfolg aus: Länder mit sozialistischem System oder sozialistischer Vergangenheit waren erfolgreicher im Sammeln von Medaillen.

Kein Hokuspokus, sondern wissenschaftlich fundiertes Modell

Dass sich mit ökonometrischen Modellen Vorhersagen treffen lassen, zeigen die Berechnungen der Bochumer Ökonomen. Ihr Modell haben sie mit politischen, wirtschaftlichen, demografischen und kulturellen Daten gefüttert und retrospektiv die Medaillenspiegel für frühere Spiele „vorhergesagt“. Die Vorhersagen verblüffen: Ihre Prognose korreliert zu 97,4 Prozent mit dem tatsächlichen Medaillenspiegel der Teilnehmerländer der Spiele von Athen 2004 und zu 96,9 Prozent mit dem Medaillenspiegel von Peking 2008.

Darüber hinaus haben die Bochumer Ökonomen die Medaillengewinne von Frauen und Männern getrennt betrachtet. So schneiden Frauen aus Ländern mit einer eher emanzipierten Gesellschaft und gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt, erfolgreicher bei Olympischen Spielen ab als Frauen aus patriarchalisch geprägten Ländern. Dabei wird in dem verwendeten Modell die Stellung der Frau in der Gesellschaft durch verschiedene Faktoren gemessen. Die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen, die Fertilitätsrate, die Anzahl der Jahre seitdem Frauen das Wahlrecht besitzen und die Hauptreligion Islam als religiöser Indikator eines Landes haben sich bei der Analyse als bedeutende Einflussfaktoren herausgestellt.

Schließlich kommt der berühmte Heimvorteil ins Spiel. Das jeweilige Gastgeberland steigert seine Erfolgschancen, die Athleten des zukünftigen Ausrichterlandes profitieren von der frühzeitigen Ausweitung der Sportförderung in ihrem Heimatland in Vorbereitung auf die eigene Gastgeberrolle. Auch die klimatischen Bedingungen des Heimatlandes haben Auswirkungen auf die Medaillenausbeute der Sportler. Athleten aus Ländern mit einem extremen Klima sind aufgrund schlechterer Trainingsbedingungen gegenüber Sportlern aus gemäßigten Klimazonen benachteiligt – insbesondere in Sportarten die im Freien ausgeübt werden.

Die Prognose

Auf Basis der Ergebnisse der empirischen Analyse kann eine Prognose für die Anzahl der Medaillen erstellt werden, die die teilnehmenden Nationen bei den Olympischen Spielen 2012 voraussichtlich gewinnen werden. Die folgende Tabelle zeigt die Top 15 Nationen und die vorhergesagte Anzahl an Medaillen: 1. China mit 102 Medaillen, 2. Vereinigte Staaten mit 100, 3. Russland mit 71 Medaillen, 4. Vereinigtes Königreich mit 57, 5. Australien mit 43 Medaillen, 6. Frankreich mit 39, 7. Deutschland mit immerhin 36 Medaillen, 8. Südkorea mit 31, 9. Kuba mit 29, 10. Brasilien mit 28.

Darüber hinaus erwarten die Forscher, dass die Briten mehr Medaillen als früher erringen, Brasilien sich mit Blick auf die Spiele in Rio de Janeiro 2016 steigert, das deutsche Team dagegen 12 Prozent weniger Medaillen gewinnt und im Medaillenspiegel auf 36 Medaillen abrutschen wird. Ihre detaillierten Prognosen haben Julia Bredtmann, Carsten J. Crede und Sebastian Otten von der Ruhr-Universität Bochum im Internet veröffentlicht.

(Ruhr-Universität Bochum, 27.07.2012 – NPO)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Darf ich Zahlen? - Geschichten aus der Mathematik von Günter M. Ziegler

Doping und seine Wirkstoffe - Verbotene Arzneimittel im Sport von Dirk Clasing

Das Ziegenproblem - Denken in Wahrscheinlich- keiten von Gero von Randow

Top-Clicks der Woche