Medizin

Online-Therapie hilft gegen Depressionen

Behandlung am heimischen Rechner ist sogar wirksamer als der Besuch beim Therapeuten

Online- Therapie © SXC

Funktioniert eine Psychotherapie übers Internet? Forscher haben jetzt untersucht, ob Online-Psychotherapie und konventionelle Sprechzimmertherapie bei Depressionen gleich wirksam sind – das Ergebnis überraschte selbst die Wissenschaftler.

In den letzten zehn Jahren haben Psychologen schon Hinweise darauf gesammelt, dass Online-Hilfen bei Depressionen förderlich sein können. Daher hat ein Forscherteam der Universität Zürich nun genauer untersucht, ob eine Behandlung via Internet mit einer klassischen Therapie mithalten kann. Sie testeten dies in einer Studie mit 62 Teilnehmern, von denen die meisten an einer mittelschweren Depression litten. Per Zufall wurden die Patienten einer Therapievariante zugewiesen.

Sowohl bei der Online-Therapie als auch dem herkömmlichen Besuch beim Psychotherapeuten bestand die zweimonatige Behandlung aus jeweils acht Sitzungen mit verschiedenen, bewährten Techniken aus der Verhaltenstherapie. Patienten der Online-Therapie bekamen von ihrem Online-Therapeuten die Einführungen und verschiedene Aufgaben gestellt – sie mussten beispielsweise das eigene negative Selbstbild in Frage stellen. Insgesamt erhielten aber alle Patienten die gleichen Aufgaben in der gleichen Reihenfolge – unabhängig von der Behandlungsform.

Online-Behandlung sogar besser als gedacht

Die Ergebnisse der Online-Therapie haben die Erwartungen der Psychologen übertroffen: „In beiden Gruppen sanken die Depressionswerte deutlich“, fasst Andreas Maercker die Studienergebnisse zusammen. Zum Therapieende wurde bei 53 Prozent der Patienten der Online-Therapie keine Depression mehr diagnostiziert – bei der Sprechzimmertherapie waren es 50 Prozent. Und diese positive Wirkung hielt auch noch länger an: Drei Monate nach Abschluss der Therapie hatte sich der psychische Zustand sogar bei 57 Prozent der Online-Therapierten stabilisiert. Bei den konventionell Therapierten gab es dagegen einige Rückfälle: Nur noch 42 Prozent der Teilnehmer waren dann noch immer frei von Depressionen.

„Mittelfristig weist die Online-Psychotherapie sogar die bessere Bilanz auf. Unsere Studie ist ein Beleg dafür, dass psychotherapeutische Angebote im Internet eine wirksame Ergänzung des Therapieangebots sind“, sagt Maercker. Eine Online-Psychotherapie ist demzufolge mindestens genauso wirksam wie eine Therapie im Sprechzimmer. Die Forscher der Universität Zürich liefern damit zum ersten Mal einen wissenschaftlichen Beleg für die Gleichwertigkeit einer Psychotherapie mittels Internet.

Zufriedene Patienten in beiden Gruppen

Hinzu kommt, dass die Patienten die Online-Variante keineswegs per se als Nachteil empfanden: Für beide Patientengruppen war die Zufriedenheit mit der Therapie und den Therapeuten etwa gleich hoch. 96 Prozent der Patienten der Online-Therapie und 91 Prozent der Teilnehmer einer konventionellen Therapie empfanden auch einen „persönlichen“ Kontakt zur ihrem Therapeuten. Bei der Online-Therapie nutzen die Patienten die Therapiekontakte und nachfolgenden Hausaufgaben in der Regel sehr intensiv, um persönlich weiter zu kommen. Sie gaben beispielsweise an, die Korrespondenz mit ihrer Therapeutin immer mal wieder durchgelesen zu haben.

Hier könnte einer der Vorteile einer Therapie via Internet liegen, denn schriftlich Fixiertes kann immer wieder nachgelesen werden. Und selbst wenn der Patient im persönlichen Gespräch Notizen macht, sind diese vermutlich nicht so ausführlich wie eine Online-Korrespondenz. Da die Studie mit 62 Teilnehmern allerdings sehr klein ist, müssen die Ergebnisse noch an einer größeren Personenzahl bestätigt werden, so die Wissenschaftler. (Journal of Affective Disorders, 2013; doi: 10.1016/j.jad.2013.06.032)

(Universität Zürich, 31.07.2013 – SEN)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Sucht - Wenn das Verlangen den Willen lenkt

Bücher zum Thema

Zukunft Gehirn - Neue Erkenntnisse, neue Herausforderungen von Peter Gruss und Tobias Bonhoeffer (Herausgeber)

50 Schlüsselideen Psychologie - von Adrian Furnham

Der kleine Medicus - von Dietrich H. W. Grönemeyer

Mensch, Körper, Krankheit - von Renate Huch und Christian Bauer

Top-Clicks der Woche