Europas Fledermäuse werden künftig systematisch belauscht: Ein Online-Tool hilft Forschern dabei, die verschiedenen Arten anhand ihrer typischen Ultraschallrufe zu identifizieren. Dadurch lassen sich die nachtaktiven Tiere auch im Dunkeln oder beim Umherflattern in großer Höhe bestimmen. Die Treffsicherheit liege je nach Art bei bis zu 98 Prozent. Man benötige dafür nur eine Tonaufnahme der Fledermaus-Rufe, berichtet das europäische Forscherteam, das das iBatsID getaufte Programm entwickelt hat. Erstmals habe man damit eine Bestimmungshilfe, die in ganz Europa eingesetzt werden könne. Das ermögliche es zukünftig, den Bestand dieser Flugsäuger objektiv, vergleichbar und verlässlich zu überwachen, schreiben die Forscher im Fachmagazin „Journal of Applied Ecology“.
Die Überwachung und Kartierung von Fledermäusen sei enorm wichtig, betonen die Forscher. Denn sie helfe nicht nur beim Schutz der bedrohten Flugsäuger, die Verteilung der Arten verrate auch viel über den allgemeinen Zustand der europäischen Ökosysteme. „Wenn die Fledermäuse in einem Gebiet stark abnehmen, dann wissen wir, dass in ihrem Lebensraum etwas nicht in Ordnung ist“, erklärt Erstautorin Charlotte Walter von der Zoological Society of London. Über die Fledermäuse erhalte man so auch einen guten Einblick darin, wie sich die Artenvielfalt allgemein entwickele.
Fledermäuse setzen ihre Ultraschall-Rufe sowohl zur Orientierung als auch zum Auffinden ihrer Beute ein. „Viele Fledermausarten haben dabei spezifische Rufstrukturen entwickelt, anhand derer sie sich akustisch identifizieren lassen“, sagen die Forscher. Bisher habe es aber keine einheitliche, standardisierte Methode für diese Rufbestimmung gegeben – unter anderem weil eine europaweite oder globale Sammlung aller bekannten artspezifischen Rufe gefehlt habe. Eine solche Sammlung gebe es nun und das habe es ermöglicht, das Online-Tool zu entwickeln.
Zwölf typische Ruf-Merkmale verraten die Fledermausart
Als Basis für das akustische Bestimmungsprogramm hatten die Forscher aus 15.858 Rufen von 34 europäischen Fledermausarten 1.350 Rufe ausgewählt und auf typische Merkmale hin analysiert. „Ein Ruf hat zahlreiche Eigenschaften: wie lange er dauert, wie schnell seine Frequenz ändert, welche Höhe oder Tiefe der Ton erreicht“, erklärt Walter. Zwölf dieser Merkmale habe man ausgewählt, um damit das lernfähige Programm iBatsID zu trainieren.
Erste Tests zeigen, dass das Programm rund 80 Prozent der Arten anhand ihrer Rufe korrekt identifizieren kann. Einige Arten seien dabei allerdings schwerer zu erkennen als andere. „iBatsID kann die Rufe der Zwergfledermausarten mit bis zu 98-prozentiger Genauigkeit bestimmen, aber einige Arten der Mausohren sind sehr schwer voneinander zu unterscheiden“, erklärt Walter. Bei diesen erreiche die Treffsicherheit daher bisher nur zwischen 49 und 81 Prozent. Dennoch sei dies ein ausreichend genau, um erstmals europaweit die Fledermausbestände zu erfassen. (doi: 10.1111/j.1365-2664.2012.02182.x)
iBatsID ist hier im Internet zu finden.
(Journal of Applied Ecology, 07.08.2012 – NPO)