Technik

Opfer von „Cyber-Mobbing“ leiden stärker

Langfristige psychische Folgen wurden besonders bei Jugendlichen festgestellt

Facebook und andere soziale Medien gehören heute für viele Menschen zum Alltag. Sie erleichtern die Kommunikation, bieten aber auch eine Plattform für Beleidigungen, Verleumdungen und virtuelle Gewalt. Dass dieses „Cyber-Mobbing“ für die Opfer sogar schlimmer sein kann als Mobbing im realen Leben, haben US-amerikanische Wissenschaftler in psychologischen Tests und Befragungen festgestellt. Ihren Beobachtungen zufolge reagieren virtuell Gemobbte stärker gestresst und traumatisiert.

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In Deutschland haben 36 Prozent der Jugendlichen bereits Erfahrungen mit Cyber-Mobbing. Das zeigt eine im Juni 2011 veröffentlichte Umfrage des Forsa-Instituts an gut 1.000 Mädchen und Jungen zwischen 14 und 20 Jahren. Jeder fünfte Schüler wurde demnach im Internet oder per Handy direkt bedroht oder beleidigt. Jeder Sechste litt unter Verleumdungen und bei elf Prozent kam es zu einem Missbrauch der Online-Identität. Ähnliche Zahlen werden auch aus anderen Ländern, darunter den USA und Südkorea berichtet.

Anonymität der Täter und ständige Erreichbarkeit belasten Opfer

„Unsere Ergebnisse enthüllen, dass Cyber-Mobbing die Schüler sozial isoliert, verängstigt und hilflos macht“, berichten Wissenschaftler der südkoreanischen Kyungil University. Als besonders verletzend und belastend seien Angriffe empfunden worden, wenn sie anonym oder auf einseitigen Plattformen wie Blogs oder Webboards erfolgten.

„Die Auswirkungen sind verheerender, weil die Online-Kommunikation 24 Stunden, sieben Tage die Woche abläuft und weil das Opfer nicht an einen sicheren Ort fliehen kann“, erklärt Elizabeth Carll von der American Psychological Association. Sie und ihre Kollegen stellen die jküngsten Erkenntnisse zum Thema „Cyber-Mobbing“ zurzeit auf der Jahrestagung des amerikanischen Psychologenverbands vor. Die emotionale Reaktion der Opfer reiche von anhaltendem Stress, Alpträumen, Angst, Ess-und Schlafstörungen bis hin zu einer Depression.

„Einzigartig für das Cyber-Mobbing ist die Tatsache, dass die Täter anonym bleiben können“, berichten die Forscher. Das Gefühl der Unsicherheit und Hilflosigkeit sei daher bei den Opfern deutlich stärker ausgeprägt als bei anderen Formen des Mobbings. Inzwischen gibt es auch Hinweise darauf, dass anhaltendes Cyber-Mobbing besonders bei Jugendlichen langfristige Persönlichkeitsveränderungen nach sich ziehen kann: Sie brechen häufiger die Ausbildung oder den Beruf ab und haben mehr Probleme mit dem Selbstwertgefühl, wie Studien aus den USA belegen.

„Niemand kann bestreiten, dass Facebook die Landschaft der sozialen Interaktion besonders unter jungen Leuten verändert hat. Wir beginnen aber gerade erst, die positiven und negativen Folgen dieser Entwicklung zu erforschen“, konstatiert Larry Rosen von der California State University in Dominguez Hills.

Defizite in Aufklärung und Wissen

Weil diese Form des Mobbings sich so schnell entwickelt hat, hinken Aufklärung und das Wissen um mögliche Auswege aus einer solchen Situation noch weit hinterher, sagen die Forscher. Es sei daher dringend nötig, vor allem die Jugendlichen besser über die sichere Nutzung sozialer Medien aufzuklären. Große Defizite und Trainingsbedarf bestünden aber auch bei Polizei, Rechtsbeiständen und den sozialen Einrichtungen und Anlaufstellen. In Deutschland haben unter anderem Forscher der Universität Münster bereits erste Präventions- und Aufklärungsprogramme für Jugendliche entwickelt, die an Schulen eingesetzt werden.

(American Psychological Association, 08.08.2011 – NPO)

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