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Technik

Organischer Transistor stapelt hoch

Vertikaler Aufbau macht elektrochemischen Transistor schneller und leistungsstärker

Vertikaltransistor
Eine neue Bauart macht organische elektrochemische Transistoren leistungsfähiger. © Northwestern University

Vertikal statt planar: Ein neuartiger Aufbau macht organische Transistoren um ein Vielfaches schneller und leistungsstärker als bisher, wie ein Prototyp demonstriert. In ihm liegen Source- und Gain-Elektrode übereinander statt nebeneinander. Ein Polymer-Dünnfilm bildet die Trennschicht. Dieser vergleichsweise simple Umbau sorgt dafür, dass der neue Vertikaltransistor die höchste Verstärkerleistung und schnellste Schaltgeschwindigkeit aller bisher gängigen elektrochemischen Transistoren zeigt, wie Forscher in „Nature berichten.

Ohne Transitoren sähe unser Alltag heute ganz anders aus. Denn diese elektrisch steuerbaren Schalter und Verstärker bilden die Grundlage aller Computer und Elektronikschaltkreise. Meist handelt es sich dabei um anorganische Transistoren auf Basis des Halbeiters Silizium. Doch für einige Anwendungen wie tragbare Elektronik, in den Körper implantierte Sensoren oder gedruckte Schaltkreise sind die gängigen Transistoren zu unflexibel und zu wenig biokompatibel.

Vertikaltransistor
Das vertikale Bauprinzip: Die aus Gold bestehenden Source- und Drain-Elektroden (Au) liegen übereinander, getrennt durch einen Polymer-Dünnfilm als Kanal. © Huang et al./ Nature, CC-by 4.0

Organische Komponenten statt Silizium

Deswegen arbeiten Wissenschaftler schon seit längerem an organischen elektrochemischen Transistoren (OECT). Diese haben das gleiche Bauprinzip wie gängige Feldeffekttransistoren, nutzen aber organische Halbleiter in Form von Polymeren als verbindenden Kanal zwischen der Source- und Drain-Elektrode. Ein flüssiger Elektrolyt stellt die Verbindung zur Gate-Elektrode her. Über sie lässt sich regulieren, ob und wie viele Strom zwischen den anderen beiden Elektroden fließt.

„Die organischen elektrochemischen Transistoren haben großes Potenzial, weil sie eine außergewöhnlich geringe Antriebspannung und wenig Energie benötigen, aber eine hohe Transkonduktanz und Biokompatibilität besitzen“, erklären Wei Huang von der Northwestern University in Evanston und seine Kollegen. Als Transkonduktanz wird das Verhältnis von Eingangsspannung zum Ausgangsstrom bezeichnet und damit die Verstärkerleistung des Transistors.

Das Problem jedoch: Bisher sind Leistung und Schalttempo dieser organischen Transistoren noch zu niedrig. Zwar lässt sich ihre Transkonduktanz durch einen verringerten Abstand zwischen Source und Drain oder eine dickere Kontaktzone zum Kanal erhöhen. Dies ging aber bisher zu Lasten der Schaltgeschwindigkeit.

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Übereinander statt nebeneinander

Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet nun eine neuartige Bauform des organischen Transistors. Dafür drehten Huang und sein Team die klassisch planare Anordnung von Source, Kanal und Drain einfach um 90 Grad. Die beiden aus dünner Goldfolie bestehende Elektroden liegen dadurch vertikal übereinander und sind durch eine hauchdünne Schicht aus einem Polymer-Halbleiter voneinander getrennt. Dieses dreiteilige Sandwich wird vom Elektrolyten umhüllt, der ihn mit der Gate-Elektrode verbindet.

Der Clou dabei: Durch diese vertikale Anordnung lässt sich der Kanal lang, aber sehr schmal machen. Der Abstand zwischen Source- und Drain-Elektrode wird dadurch minimiert, ohne dass die Schaltgeschwindigkeit leidet. Hinzu kommt, dass dieser Bautyp mit gängigen Methoden der Mikrofabrikation hergestellt werden kann, wie das Team berichtet.

Mehr Leistung und mehr Tempo

Wie gut der neue Vertikaltransistor funktioniert, haben Huang und seine Kollegen bereits in Praxistests mit Prototypen untersucht. Demnach erreicht ihr elektrochemischer Transistor eine Transkonduktanz von 0,2 bis 0.2 Siemens bei hoher Schaltgeschwindigkeit. Das sei bis zu 100-fach mehr als bei gängigen organischen elektrochemischen Transistoren, so die Forscher. Selbst bei einer Steuerspannung von nur 0,001 Volt zeige er noch gutes Schaltverhalten.

„Unser elektrochemischer Vertikaltransistor erreicht damit ein ganz neues Leistungsniveau“, sagt Koautor Tobin Marks von der Northwestern University. „Er hat alle Eigenschaften eines konventionellen organischen Transistors, aber eine weit höhere Transkonduktanz, einen extrem stabilen Schaltzyklus, geringen Platzbedarf und eine leichte, kostengünstige Herstellung.“ Außerdem lässt sich dieser Vertikaltransistor je nach Dotierung des Polymers als n-Typ oder p-Typ-Transistor herstellen.

Kompakte Schaltkreise

Und auch für Schaltkreise eignet sich der neue vertikale Bautyp, weil sich die Transistoren platzsparend miteinander kombinieren lassen. „Die Vertikaltransistoren können einfach aufeinandergestapelt werden“, erklärt Marks‘ Kollege Antonio Facchetti. „Dadurch können wir sehr kompakte elektrochemische Schaltkreise konstruieren, was bei planaren elektrochemischen unmöglich ist.“

Nach Ansicht des Forschungsteams eröffnet dieser neue elektrochemische Transistor neue Möglichkeiten der Anwendung – unter anderem bei biomedizinischen Sensoren, die auf der Haut liegen oder in den Körper implantiert sind. (Nature, 2023; doi: 10.1038/s41586-022-05592-2)

Quelle: Northwestern University

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