In Wassertiefen von rund 2.500 Metern haben Meeresforscher bei Hawaii und weiter südlich im äquatorialen Ostpazifik einen bislang unbekannten Lebensraum entdeckt. Dies berichtet die Zeitschrift „Nature“ in ihrer aktuellen Ausgabe.
Als die Wissenschaftler unter anderem mit Hilfe von bemannten Tauchbooten Basaltgestein vulkanischen Ursprungs untersuchten, stießen sie auf ungewöhnlich hohe Bakterien-Konzentrationen. Auf dem glasartigen Gestein am Meeresgrund siedeln 1.000- bis 10.000-mal so viele Mikroorganismen wie im Meerwasser.
„Das Basalt-Biotop überraschte uns zudem mit seiner großen Artenvielfalt“, sagt Professor Wolfgang Bach. Der Geowissenschaftler vom Bremer MARUM ist einziger deutscher Wissenschaftler bei der Studie, die belegt, welch entscheidende Rolle Bakterien für die Stoffkreisläufe im Ozean spielen.
Mit seinen amerikanischen Kollegen war Bach mehrfach auf Expeditionen im Pazifik. Viermal tauchte der Bremer Meeresforscher mit dem sieben Meter langen Tauchboot ALVIN zum Ostpazifischen Rücken hinab. Das Unterwasser-Gebirge ist Teil des rund 60.000 Kilometer langen Mittelozeanischen Rückens, an dem basaltische Lava ausfließt und sich ständig neuer Meeresboden bildet.
Kettenreaktion am Meeresboden
Dadurch wird eine Kettenreaktion in Gang gesetzt: Das kühle Meerwasser schreckt die heiße Lava ab. Sie erstarrt zu glasartigem, stark eisenhaltigen Gestein. Es ist sehr verwitterungsanfällig und verrostet im Lauf der Zeit regelrecht, denn das im Gestein enthaltene Eisen reagiert mit dem im Meerwasser enthaltenen Sauerstoff. Bei dieser Umwandlung wird Energie in Form von zweiwertigem Eisen freigesetzt, die als Nahrungsquelle für sich dort ansiedelnde Bakterien dient. So entsteht aus totem Gestein neues Leben. Die Bakterien bilden dabei die Basis im komplexen Nahrungsnetz dieses Basalt-Biotops.
„Wir haben Gesteine untersucht, die bis zu 20.000 Jahre alt und damit, geologisch gesehen, noch sehr jung sind“, erklärt Bach. „Unsere genetischen und statistischen Analysen zeigen, dass die Basalt-Biotope deutlich vielfältiger sind als Bakteriengemeinschaften in anderen Ozeanregionen.“ So konnten Bach und seine amerikanischen Kollegen insgesamt 21 Bakteriengruppen identifizieren; weit mehr als in anderen Studien vor Japan oder im atlantischen Sargasso-Meer gefunden wurden. Zudem sind die Basaltbrocken 1.000- bis 10.000-mal dichter mit Bakterien besiedelt als das darüber hinweg schwappende Meerwasser.
Schnittstelle zwischen Geosphäre und Biosphäre
Viele Meeresforscher sind der Ansicht, dass die Bedeutung der im und am Meeresboden lebenden Bakterien bei der Beurteilung ozeanischer Stoffkreisläufe, bislang unterschätzt wurde. „Die Bakterien der Basalt-Biotope bilden eine Schnittstelle zwischen Geosphäre und Biosphäre, zwischen belebter und unbelebter Meeresumwelt“, konstatiert Bach. „Wie schnell Meeresboden verwittert, wird von den hochspezialisierten Mikroorganismen entscheidend mitbestimmt.“
Dieser Prozess ist zum Beispiel eine wichtige Quelle für den Kalziumgehalt des Meeres, der wiederum mit darüber entscheidet, wie viel Treibhausgas Kohlendioxid der Ozean aufnehmen kann.
(idw – MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen, 29.05.2008 – DLO)