Lebensmittelchemie

Perfekte Schokolade ohne aufwendiges Temperieren

Zusatz einer Kakao-Komponente macht Schokoladenherstellung einfacher

Um aus Kakao eine gute Schokolade zu machen, muss man ihre Fette auf die richtige Weise zum Auskristallisieren bringen. © gustavomellossa/ Getty images

Damit Schokolade knackig und glänzend ist, aber im Mund dennoch cremig schmilzt, muss sie zeitaufwändig temperiert werden – erst der komplexe Wechsel aus Abkühlen und Erwärmen sorgt für die optimale Kristallisation. Doch es geht auch einfacher, wie nun kanadische Forscher herausgefunden haben. Demnach reicht es aus, wenn man beim Abkühlen eine winzige Menge eines natürlichen Kakaobestandteils zusetzt. Das könnte die Schokoladenproduktion erheblich vereinfachen.

Schokolade ist Tröster, Glücklichmacher und Snack zugleich. Schon vor mehr als 5.300 Jahren schätzten die Bewohner der Amazonasregion den Kakaobaum und die aus seinen Früchten hergestellten Getränke. Die feste Schokolade dagegen wurde erst sehr viel später entwickelt – auch, weil sie eine weit kompliziertere Verarbeitung erfordert. Die Kakaobohnen werden dafür unter anderem fermentiert, geröstet, zermahlen, gewalzt und dann mit anderen Zutaten wie Zucker, Kakaobutter und Milchpulver gemischt.

Auf die Kristallstruktur kommt es an

Doch das ist noch nicht alles: Damit die Schokolade ihre mundschmeichlerische, glatte Textur bekommt, muss sie in einem zeitaufwändigen Prozess temperiert werden. Dafür wird die flüssige Schokoladenmassen mehrfach vorsichtig abgekühlt und wieder erwärmt. Dadurch und durch Zugabe von bereits festen Schokoladenstückchen oder anderen Saatkristallen soll das enthaltene Fett beim Erstarren Kristalle der richtigen Größe und Struktur bilden.

„Wenn Sie schon einmal schlechtgemachte Schokolade gegessen haben, erkennen Sie es sofort“, sagt Erstautor Alejandro Marangoni von der University of Guelph in Kanada. „Schlechte Schokolade ist krümelig und weich, weil sie nicht vernünftig temperiert wurde.“ Von den sechs möglichen Kristallformen der Kakaobutter-Fette gilt eine, die sogenannte V-Form, als besonders erstrebenswert.

„Schokolade, deren Kakaobutter die Kristallform V aufweist, hat die richtige Textur, den Glanz, das Schmelzverhalten und den Knack beim Brechen“, erklären Marangoni und seine Kollegen. Zudem ist diese Schokolade später relativ stabil gegenüber leichten Temperaturveränderungen und neigt nicht zum „Ausblühen„.

Komponente der Kakaobutter als Helfer

Wie sich die Schokolade in diese wünschenswerte Kristallform bringen lässt, ohne dass man sie lange temperieren muss, haben nun Marangoni und sein Team herausgefunden. Dafür haben sie gezielt untersucht, welchen Effekt die kleineren, meist weniger beachteten Komponenten der Kakaobutter auf die Kristallisation haben. Zu diesen gehören freie Fettsäuren, Phospholipide und auch Glycerinester mit nur einer oder zwei Fettsäuren statt der für die meisten Fette üblichen drei.

Es zeigte sich: Gibt man vor dem Abkühlen nur rund 0,1 Gewichtsprozent eines bestimmten Phospholipids dazu, erstarrt die Schokolade in der nahezu optimalen Kristallstruktur. Konkret handelt es sich bei den beiden geeigneten Phospholipiden um die Verbindungen Dimyristoylphosphatidylcholin (DMPC) und Dipalmitoylphosphatidylethanolamin (DPPE). Auch kommerzielle Schokolade kann durch den Zusatz dieser Komponenten wieder verfestigt werden, ohne dass sie ihre Knackigkeit und ihren Glanz verliert – was ohne die Zusätze der Fall wäre.

„Wenn man DMPC oder DPPE zu einem geschmolzenen Schokoladenprobe gibt, bringen sie die Fette in die Form V und bewirken so optimale mechanische Eigenschaften, eine gute Mikrostruktur und einen guten Oberflächenglanz“, berichten Marangoni und seine Kollegen.

„Das könnte die Schokoladenindustrie revolutionieren“

Nach Ansicht der Forscher eröffnet dieser einfache „Trick“ die Möglichkeit, gute Schokolade auch ohne den zeitaufwendigen und komplexen Temperierungsprozess herzustellen. „Es ist wirklich aufregend, dass man einfach nur ein Phospholipid zugeben muss – eine natürliche Zutat, die in der Kakaobutter ohnehin enthalten ist – um die nötige Temperierung zu bekommen“, sagt Marangoni.

Diese Methode könnte auch die teuren Geräte für das automatisierte Temperieren überflüssig machen und so kleineren Schokoladenherstellern ihre Arbeit erleichtern. „Das könnte die Schokoladenindustrie revolutionieren und es auch kleineren Produzenten ermöglichen, gute Schokolade ohne große Investitionen in teure Maschinen herzustellen“, sagt Marangoni. (Nature Communications, 2021; doi: 10.1038/s41467-021-25206-1)

Quelle: University of Guelph

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