Pflanzen speichern ein Treibhausgas, geben aber ein anderes ab: Während sie Kohlendioxid binden, setzen sie Methan frei – wenn auch nur in geringen Mengen. Das haben jetzt Wissenschaftler bestätigt. Da den Untersuchungen zufolge UV-Licht diese Methan-Produktion ankurbelt, erklärt sich auch, warum manche Forscher kein Methan aus Pflanzen nachweisen konnten: Sie zogen Gewächse unter Lichtquellen heran, die kein UV-Licht abstrahlten.
In zwei aktuellen Studien konnten die Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie, der Universität Utrecht und des Agri-Food and Biosciences Institute in Belfast darüberhinaus zeigen, dass ein Teil des Treibhausgases aus Pektin stammt, womit viele Pflanzen ihr Stützgerüst aufbauen. Die Wissenschaftler berichten über ihre Ergebnisse in den Fachzeitschriften „New Phytologist“ und „Biogeosciences in press“.
Die Meldung sorgte vor zwei Jahren für einige Aufregung: Frank Keppler und seine Kollegen hatten damals am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg zum ersten Mal beobachtet, dass Pflanzen Methan freisetzen. Und zwar an der Luft. Unter aeroben Bedingungen also, unter denen Bakterien kein Methan produzieren, wie sie es etwa aus Mooren blubbern lassen. Pflanzen sollten dieser Untersuchung zufolge einen wesentlichen Teil zum gesamten Methan in der Atmosphäre beitragen.
Nicht nur über die globale Bedeutung dieser pflanzlichen Methan-Emissionen entbrannte anschließend eine heftige Kontroverse. Manche Forscher zweifelten sogar, ob Pflanzen überhaupt das Treibhausgas freisetzen, das 25 Mal klimaschädlicher ist als Kohlendioxid. Nun haben Frank Keppler, der inzwischen am Max-Planck-Institut für Chemie forscht, und seine Kollegen jedoch mit detaillierten Versuchen nachgelegt. Demnach produzieren Pflanzen tatsächlich Methan, und zwar besonders viel, wenn sie mit UV-Licht bestrahlt werden.
Anerkennung von Kritikern
Die neuen Ergebnisse Kepplers erkennt auch Tom Dueck, Wissenschaftler der Universität im niederländischen Wageningen, in einem Kommentar an. Das freut Frank Keppler besonders. Dueck hatte Kepplers Ergebnisse nämlich stark angezweifelt, nicht zuletzt weil er und seine Mitarbeiter sie nicht reproduzieren konnten. Sie zogen Pflanzen jedoch in Gewächshäusern unter künstlichen Lichtquellen heran, die keine UV-Strahlung abgaben.
Keppler und seine Kollegen, von denen einige inzwischen an der Universität Utrecht arbeiten, haben jetzt teils trockenes, teils frisches Material von mehr als 20 unterschiedlichen Pflanzen untersucht. „Wir haben diesmal bewusst nur Teile von Pflanzen wie Blätter verwendet, weil in lebenden Pflanzen möglicherweise Prozesse ablaufen, die das Ergebnis verzerren“, sagt Keppler. Die Pflanzenteile haben die Forscher in einer Versuchsreihe mit UV-Licht bestrahlt, in einer anderen gleichzeitig bis zu 100 Grad Celsius erwärmt und in einer weiteren bei Temperaturen von 20 bis 100 Grad Celsius untersucht.
Deutliche Unterschiede bei der Methanproduktion
Dabei stellten sie fest, dass nicht alle Pflanzen gleich viel Methan emittieren. Je energiereicher jedoch das Licht ist, mit dem die Proben bestrahlt werden, desto mehr Treibhausgas geben sie ab. Noch höhere Raten erreicht die Produktion, wenn die Temperatur gleichzeitig erhöht wird. Ohne UV-Bestrahlung und bei einer Umgebungstemperatur von 22 Grad Celsius setzen die Pflanzen 100 bis 1.000 Mal weniger Methan frei. Erst ab rund 80 Grad steigen die Emissionsraten auf Werte, die mit denen unter UV-Licht vergleichbar sind. Zudem setzt Hitze zunehmend weniger Methan frei, wenn die Forscher eine Probe mehrmals hintereinander aufheizen und abkühlen.
Wenn die Wissenschaftler über einer Probe mehrmals eine UV-Lampe anschalten, geben sie dagegen immer gleich viel Methan ab. „UV-Licht setzt das Gas also offenbar nach einem anderen Reaktionsmechanismus frei als Hitze“, erklärt Keppler.
Ursprung des Methans identifiziert
Ein Bestandteil, aus dem UV-Licht das Treibhausgas in einem photochemischen Prozess erzeugt, ist Pektin – ein Polysaccharid, das viele Pflanzen als Gerüstmaterial einsetzen. Pektin enthält Methoxy-Gruppen, in denen die chemische Struktur des Methans schon andeutungsweise zu erkennen ist. Hinweise, dass sich daraus das Methan bildet, hatten die Wissenschaftler bereits vor zwei Jahren gefunden.
Jetzt haben die Forscher diesen Mechanismus in einer weiteren Arbeit eindeutig nachgewiesen, und zwar mit einer Isotopenanalyse: Sie ersetzten die Wasserstoffatome in diesen Gruppen durch Deuterium – schweren Wasserstoff. Anschließend fanden sie das Deuterium im Methan wieder.
Noch immer Rätsel um Methan-Emissionen
Nach diesem Mechanismus kann sich aber nicht sämtliches Methan bilden – denn bei den Experimenten mit UV-Licht entsteht auch Methan ohne Deuterium. Dazu passt auch, dass Cellulose unter UV-Licht ebenfalls Methan bildet, wenn auch deutlich weniger als aus Pektin. Cellulose besitzt im Gegensatz zu Pektin nämlich keine Methoxy-Gruppen.
„Wir haben noch keine Idee, wie dieser alternative Mechanismus aussehen könnte“, sagt Keppler: „Gerade weil wir bislang nur einen Teil der Prozesse verstehen, die den Methan-Emissionen von Pflanzen zugrunde liegen, ist es schwierig, ihr globales Ausmaß abzuschätzen.“
(MPG, 09.05.2008 – DLO)