Medizintechnik

Pflaster als Fieberthermometer

Ultradünner, dehnbarer Sensor auf der Haut misst Temperatur und Feuchtigkeit

Das Sensorpflaster misst Temperatur bis auf 0,02 Grad genau © University of Illinois/ Beckman Institute

Das gute alte Fieberthermometer könnte bald passé sein: US-Forscher haben nun einen hauchdünnen, dehnbaren Sensor entwickelt, der sich einfach auf die Haut kleben lässt. Ihr kluges Pflaster misst winzige Änderungen in Temperatur und Feuchtigkeit. So hilft es, den Blutfluss auf kleinstem Raum zu überwachen und Anzeichen für eine Erkrankung zu entdecken. Es könnte künftig aber auch dazu dienen gezielt Medikemnte abzugeben, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Materials“ berichten.

Gut möglich, dass so die Zukunft der Diagnostik aussieht: Wenn wir beim Arzt sind, klebt uns die Arzthelferin ein nahezu transparentes Pflaster von wenigen Quadratzentimetern Größe auf den Innenarm. Es ist so dünn und geschmeidig, dass wir seine Existenz bereits nach wenigen Minuten vergessen haben. Erst am nächsten Tag wird es uns wieder bewusst, als der zweite Termin ansteht. Im Handumdrehen liest die Ärztin alle Daten aus, die Sensoren im Pflaster während der vergangenen 24 Stunden gesammelt haben: Puls, Blutdruck, Temperatur- und Feuchtigkeitsveränderungen der Haut.

Präzision einer medizinischen Wärmebildkamera

Chad Webb von der University of Illinois und sein Team sind der Verwirklichung dieser Vision nun einen Schritt näher gekommen. Sie entwickelten ein Pflaster, das auf die Haut geklebt wird und dort Temperaturveränderungen mit der Präzision einer medizinischen Wärmebildkamera misst. Die Elektronik besteht entweder aus Golddrähten oder Siliziumdioden. Die Strukturen sind maximal einige hundert Nanometer dick und mit einem speziellen Kunststoff umhüllt, der sie isoliert und vor Feuchtigkeit schützt.

In einigen Fällen klebten die Forscher die Elektronik direkt auf die Haut, in anderen Fällen wählten sie als Träger zusätzlich eine dehnbare Folie. Dennoch sind die Pflaster so durchlässig, dass sich das darunterliegende Gewebe kaum aufheizt oder schwitzt, und so flexibel, dass der Patient sich frei bewegen kann. is zu 16 Sensoren messen auf einer Fläche von wenigen Quadratzentimetern Temperaturschwankungen mit einer Auflösung von rund 20 Millikelvin. Das entspricht der Leistungsfähigkeit der teuren Infrarot-Kameras, die derzeit in der Diagnostik verwendet werden.

Das E-Pflaster ist maximal dehnbar und verformbar © University of Illinois / Beckman Institute

Temperatur, Durchblutung, Feuchtigkeit

Die Temperatur der Hautoberfläche ist für Mediziner interessant, weil sie Rückschlüsse auf die Durchblutung zulässt: Sind die Gefäße geweitet und es fließt viel Blut, wird unsere Haut warm. Ziehen sich die Gefäße zusammen, kühlt sie wieder ab. Ist die Durchblutung gestört, hat der Patient vielleicht Herzprobleme oder leidet an einer Erkrankung anderer wichtiger Organe. Bei Wunden kann eine erhöhte Temperatur Anzeichen einer Infektion sein.

Das Superpflaster fungiert jedoch nicht nur als Thermometer, sondern auch als Feuchtigkeitsmesser. Für diese Messung heizen die Forscher einzelne Sensoren auf. Wie stark sie sich erwärmen, hängt vom Wassergehalt der Umgebung ab, der wiederum Auskunft über die Hautfeuchte gibt. Die mikroskopisch kleinen Heizstäbe wären auch für andere Zwecke einsetzbar, schreiben Chad Webb und seine Kollegen: Denkbar sei etwa, einzelne Hautstellen zu erhitzen, um gezielt Medikamente in die Blutbahn abzugeben.

Noch hat das Pflaster einen Nachteil: Es ist an ein dünnes Kabel angeschlossen, das Strom liefert, die Sensoren steuert und die Daten ausließt. Doch die Arbeitsgruppe des Co-Autors John Rogers hat bereits in der Vergangenheit erste elektronische Pflaster vorgestellt, die drahtlos funktionieren. Energiezufuhr und Datenaustausch regelt eine Funkantenne. Im Sommer letzten Jahres präsentierte Rogers gar winzige wasserlösliche Wärmequellen, die er in den Körper von Mäusen implantierte. Die Hitze, die sie ausstrahlten, sollte Erreger in der OP-Wunde abtöten. War ihre Schutzhülle aus Spinnenseide nach einigen Tagen abgebaut, löste sich die Elektronik spurlos im Körper auf. (Nature Materials, 2013; doi: 10.1038/nmat3755)

(Nature, 16.09.2013 – NSC)

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