Ein internationales Wissenschaftlerteam hat erstmals das vollständige Phasendiagramm eines Systems aus vielen Quantenteilchen bestimmt. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift „Nature Physics“ berichten, erhärtet der Vergleich mit den Ergebnissen so genannter numerischer „Monte-Carlo“-Rechnungen, die auf einem Supercomputer durchgeführt wurden, die Aussagekraft der experimentellen Ergebnisse. Dies bestätigt, dass sich die hier erprobte Methode prinzipiell für Quantensimulationen eignet, die über die Möglichkeiten von numerischen Verfahren und aktuell verfügbaren Supercomputern hinausgehen.
Phasenübergänge sind ein alltägliches Phänomen: ein und derselbe Stoff kann, je nach Temperatur, fest, flüssig oder gasförmig sein. Die Frage, warum und unter welchen Bedingungen Materie von einer Phase in eine andere übergeht, ist seit langem Gegenstand der theoretischen und experimentellen Physik. Die Möglichkeit, mit Hilfe von kalten Atomen in optischen Gittern näherungsweise perfekte komplexe Vielteilchensysteme nach Belieben zu entwerfen, stärkt die Hoffnung der Wissenschaftler, bislang offene Fragen der Festkörperphysik zu beantworten.
Eine Wolke aus Rubidium-Atomen
In den neuen Experimenten kühlten die Wissenschaftler um Professor Immanuel Bloch von der Universität München und vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik nun in Zusammenarbeit mit Physikern aus der Schweiz, Frankreich, den Vereinigten Staaten und Russland eine Wolke aus rund 300.000 „bosonischen“ Rubidium-Atomen auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt ab, annähernd minus 273 Grad Celsius. Bei so tiefen Temperaturen neigen die Atome dazu, sich alle exakt gleich zu verhalten – sie bilden dann ein so genanntes Bose-Einstein-Kondensat (BEC), den kältesten Zustand, der auf der Erde möglich ist.
Sobald dieser Zustand erreicht ist, werden die Atome ein wenig „geschüttelt“ und dadurch geringfügig erwärmt. Mit diesem Verfahren lässt sich den Forschern zufolge die Temperatur der Atome auf ein Hundertstel des millionsten Teils eines Grades genau einstellen. Anschließend wird das immer noch sehr kalte Gas in ein dreidimensionales „optisches Gitter“ geladen. Dieses entsteht durch die Überlagerung von drei zueinander senkrechten stehenden Laserlichtwellen. Diese formen dann einen „Kristall“ aus Licht, in dem die Atome gefangen sind.