Bisher ist es Forschern nicht gelungen, den idealen “photonischen Kristall” zu erzeugen, der sichtbares Licht so manipuliert, dass es als Basis für ultraschelle optische Computer dienen könnte. Die Natur allerdings hat einen solchen Kristall längst entwickelt: Wissenschaftler entdeckten ihn jetzt in den grün schimmernden Schuppen eines Käfers.
Schon jetzt werden große Datenmengen über Glasfaserkabel mittels Licht im sichtbaren und im Nahinfrarotbereich transportiert. Bisher allerdings müssen diese optischen Daten erst wieder in elektrische Signale konvertiert werden, damit sie von einem Computer verarbeitet werden können. Ziel ist es daher, eines Tages einen Hochgeschwindigkeitsrechner zu erzeugen, der nicht mit Elektronen sondern allein auf Basis von optischen Komponenten funktioniert.
Ideale photonische Kristalle gesucht
„In einigen Bereichen könnte ein optischer Computer in Sekundenschnelle Lösungen finden, für die herkömmliche Rechner Jahre brauchen“, so Michael Bartl, Professor für Chemie und Physik an der Universität von Utah und Leiter der aktuellen Studie. Knackpunkt für solche Rechner sind so genannte photonische Kristalle, Strukturen, die das Licht auf ganz bestimmte Weise manipulieren. So lassen sie beispielsweise einige Farben des Lichts passieren, reflektieren aber andere wie einen Spiegel; einige Wellenlängen werden beschleunigt, andere abgebremst.
Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, ein solches Material künstlich herzustellen. Doch nun sind die Wissenschaftler der Universität Utah, quasi per Zufall, auf einen natürlichen photonischen Kristall gestoßen, der dem Ideal sehr nahe kommt. Lamprocyphus augustus, so der wissenschaftliche Name des Tieres, ist in Brasilien heimisch und fällt durch seinen extrem grün-irisierenden Panzer auf. Die Farbe entsteht nicht durch Pigmente, sondern allein aufgrund der dreidimensionalen Struktur seiner Chitin-Schuppen.
Schuppenstruktur kommt idealem Kristall nahe
Die Struktur der winzigen Schüppchen wirkt auf grünes Licht wie ein Spiegel und reflektiert die Strahlung. Im Gegensatz zu anderen irisierenden Oberflächen funktioniert bei dem Käfer dieses Schimmern erstaunlicherweise unabhängig vom Betrachtungswinkel. Unter dem Elektronenmikroskop zeigte sich, dass sich die Struktur deutlich von der der künstlichen photonischen Kristalle unterscheidet.
Zum einen gleicht die Atomanordnung der Schuppen genau der Diamant-ähnlichen Ausrichtung, wie sie auch für die idealen photonischen Kristalle postuliert wird. Zum anderen ist eine Käferschuppe nicht etwa ein einziger Kristall, sondern aus mehr als 200 Chitinstücken zusammengesetzt, die jedes für sich die Diamantstruktur aufweisen, aber jeweils in eine leicht unterschiedliche Richtung zeigen. Dadurch reflektiert jedes Stück eine leicht andere Wellenlänge des grünen Lichts.
Die Einzelstücke sind zu klein, um mit dem bloßen Auge gesehen zu werden, was man sieht ist der kombinierte Effekt: Der Käfer schimmert aus jedem Winkel leuchtend grün. „Es scheint so, als wenn eine einfache Kreatur wie der Käfer uns eine der technologisch begehrtesten Strukturen für die Computer der nächsten Generation liefert“, erklärt Bartl. „Die Natur hat einfache Wege um Materialien und Strukturen zu erzeugen, die für unsere Millionen-Dollar teuren Instrumente und Ingenieursstrategien noch unerreichbar sind.“
Bartl und seine Kollegen wollen nun eine synthetische Version dieser Käferkristalle aus transparentem Halbleitermaterial entwickeln. Denn die Schuppen selbst lassen sich nicht als technologische Bausteine nutzen, da das Chitin weder lange haltbar ist, noch Halbleitereigenschaften besitzt.
(University of Utah, 20.05.2008 – NPO)