
Das Prinzip der Laserpinzette © Nobel Foundation
Gradienteffekt und Linse als Objektfalle
Unerwartet war dagegen ein zweiter Effekt: Die Kügelchen drifteten immer in die Mitte des Laserstrahls – selbst wenn Ashkin sie in dessen Außenbereich setzte. Wie er feststellte, lag dies daran, dass die Intensität des Laserstrahls in seiner Mitte am höchsten ist. Gradientkräfte sorgen deshalb dafür, dass Objekte stets an die Stelle höchster Intensität des Lasers gelenkt werden. Diese Beobachtung war für Ashkin der Ansatzpunkt: Könnte sich dieser Effekt möglicherweise ausnutzen lassen, um Objekte im Lichtstrahl festzuhalten und sogar kontrolliert zu „greifen“ und zu manipulieren?
Ashkin und sein Team fanden heraus, dass man durch Einbringen einer starken Mikroskoplinse den Laserstrahl so fokussieren kann, dass die Gradientkraft zu einer Falle für kleinste Objekte wird. Diese werden im Punkt der höchsten Laserintensität festgehalten und selbst der Vorwärtsstrom der Lichtteilchen reißt sie nicht mehr mit sich – die optische Pinzette war erfunden. 1986 gelang es Ashkin mit dieser Pinzette aus Licht erstmals, einzelne Atome festzuhalten und gezielt zu bewegen. Wenig später verfeinerte er die Methode soweit, dass sogar sensibles Material wie Viren, Bakterien und andere lebende Zellen in der Laserpinzette gefangen werden konnten.
Heute sind optische Pinzetten aus der Forschung kaum mehr wegzudenken. Mit ihnen manipulieren Wissenschaftler das Erbmolekül DNA, setzen Nanokonstrukte Atom für Atom zusammen oder erforschen die Prozesse im Inneren von Zellen. Zumindest im winzigen Maßstab ist damit der Traktorstrahl der Science-Fiction Wirklichkeit geworden.

Mit der Chirped Pulse Amplification (CPA) lassen sich Laserpulse extrem verkürzen und komprimieren. © Nobel Foundation
Das Rezept für ultrakurze Laserpulse
Die zweite Hälfte des diesjährigen Nobelpreises geht an Donna Strickland und Gérard Mourou. Sie haben die sogenannte Chirped Pulse Amplification (CPA) entwickelt – eine Technik, mit der sich Laserpulse weit über das zuvor Mögliche hinaus verkürzen und komprimieren lassen. Wenn ein Laserstrahl einfach nur in immer kürzere Pulse aufgeteilt wird, führt dies zu einer Abschwächung der Intensität – denn jeder Puls enthält dann entsprechend weniger Photonen. Ausgleichen ließe sich dies zwar durch Bündelung noch dickerer Strahlen, das aber erfordert große und enorm aufwändige Geräte – und diese Anlagen benötigen zwischen den Pulsen Stunden des Abkühlens.
Dieses Problem haben Strickland und Mourou gelöst – mit einer auf den ersten Blick kontraproduktiven Idee. Denn bei der Chirped Pulse Amplification wird ein Laserpuls zunächst in einem speziellen Lichtleiter gedehnt und damit schwächer. Dann schickt man diesen gedehnten Puls durch einen Verstärker, heute meist aus Titan-dotiertem Saphir. Dieser erhöht die Amplitude der Lichtschwingungen und damit die Laserintensität. Im dritten und letzten Schritt wird dieser verstärkte Laserpuls nun zeitlich komprimiert. Dadurch verstärkt sich die Intensität des Laserpulses weiter, während er noch kürzer wird.
Durch diese Technik wurde erstmals die Produktion ultrakurzer Laserpulse mit hoher Intensität möglich – auch sie sind heute eines der wichtigsten Werkzeuge der Wissenschaft. Mithilfe von Femto- und Attosekundenpulsen entschlüsseln Forscher heute die Struktur komplexer Moleküle, verfolgen fast in Echtzeit, wie chemische Bindungen entstehen oder zerbrechen und tauchen tief in die Grundlagenphysik der Materie ein. Auch auf Laser basierende Teilchenbeschleuniger oder Laserskalpelle beruhen auf ultrakurzen Laserpulsen – und damit auf der Erfindung von Strickland und Mourou.
(Nobel Foundation, 02.10.2018 – NPO)
2. Oktober 2018