Überraschender Fund im Halbleiter: Bei Laserbeschuss von Gallium-Arsenid-Halbleitern haben Physiker ein neues Quasiteilchen entdeckt. Das kurzlebige Gebilde aus Elektronen und Löchern verhält sich wie eine Kreuzung aus einem Atom und einem Flüssigkeitstropfen. Das Quasiteilchen könnte wertvolle neue Informationen über die Interaktion von Licht und Materie liefern, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Quasiteilchen sind Ansammlungen kleinerer Teilchen, die sich verhalten wie aus einem Guss: Für kurze Zeit besitzen sie beispielsweise eine gemeinsame Masse, Energie oder Wellenlänge und reagieren auf einen Impuls wie ein Partikel. Solche Quasiteilchen entstehen beispielsweise in Kristallen in Form elastischer Wellen oder in Metallen in Form sogenannter Plasmonen, oberflächlicher Wellen von Ladungsträgern.
Halbleiter im Laserbeschuss
In Halbleitern kennt man Exzitonen, eine Verbindung von einem Elektron und einem „Loch“ – einer Stelle im Gitter, an der ein Elektron fehlt. Diese Quasiteilchen, so kurzlebig sie meist auch sind, können das Verhalten und die Eigenschaften eines Materials entscheidend beeinflussen. So spielen Exzitonen eine große Rolle für die Absorption von Licht in einem Halbleiter, beispielsweise in einer Solarzelle.
Eine bisher unbekannte Variante eines solchen Quasiteilchens haben nun Forscher des Joint Institute for Laboratory Astrophysics (JILA) in Boulder entdeckt, als sie mit einem Gallium-Arsenid-Halbleiter experimentierten. Sie bestrahlten diesen mit einem ultraschnellen roten Laser, der 100 Millionen Pulse pro Sekunde erzeugt. Diese Pulse erzeugen im Halbleiter kurzlebige Exzitonen, so viel war bereits bekannt.
Elektronengebilde als Quantentropfen
Jetzt aber zeigte sich, dass diese Exzitonen sich bei steigender Laserintensität zu einem ganz neuen Quasiteilchen zusammenfinden: Die Elektronen gruppieren sich mit den Löchern zu einem neuen, tropfenähnlichen Gebilde. „Diese Quantentröpfchen bestehen aus wenigen Paaren von Elektronen und Löchern – je vier, fünf oder sechs davon“, erklärt Koautor Mackillo Kira von der Philipps-Universität Marburg.
Die Besonderheit dieser Neuentdeckung: Die Quasiteilchen verhalten sich in mancher Hinsicht wie eine Flüssigkeit: Sie können beispielsweise Rippel ausbilden und auch die Art, wie die Elektronen und Löcher in ihnen miteinander verknüpft sind, die sogenannte Paar-Korrelation, ähnelt der in einem Flüssigkeitstropfen, wie die Forscher berichten.
Erkenntnisse für opteoelektronische Bauteile
Gleichzeitig aber sind die Tropfen so klein, dass sie quantenphysikalische Eigenschaften aufweisen wie ein Atom. Kira und seine Kollegen schlagen daher als Name für das neue Quasiteilchen „Dropleton“ vor – Tropfenteilchen. „Was die praktischen Anwendungen angeht: Niemand wird nun hergehen und ein Quantentropfen-Widget konstruieren“, betont der JILA-Physiker Steven Cundiff. Dafür ist die Lebensdauer der Dropletons von nur 25 billionstel Sekunden auch viel zu gering.
Aber das neue Quasiteilchen könnte indirekt zu Verbesserungen beispielsweise von optoelektronischen Geräten beitragen, wie die Forscher erklären. Denn für ein Quasiteilchen sind 25 Picosekunden eine relativ lange Lebensdauer – und diese reicht aus, um an ihnen die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie genauer zu erforschen. „Damit verbessern wir unser Verständnis darüber, wie Elektronen in verschiedenen Situationen interagieren – auch in optoelektrischen Bauteilen“, sagt Cundiff. (Nature, 2014; doi: 10.1038/nature12994)
(Nature, 27.02.2014 – NPO)