Physik

Physiker erzielen Magnetfeld-Rekord

Experiment erzeugt Magnetfeld von 1.200 Tesla – mehr als jemals zuvor im Labor erreicht

Bisher konnten magnetische Feldstärken von mehr als 1.000 Tesla nur bei Explosionen erreicht werden - jetzt ist dies erstmals mittels Elektromagnetismus gelungen. © theasis/ iStock.com

Weltrekord: Physiker haben erstmals im Labor ein Magnetfeld von 1.200 Tesla erzeugt – das ist das stärkste jemals in einem Innenraum produzierte. Die Feldstärke übertrifft die des Erdmagnetfelds um das 50 Millionen-Fache. Praktisch nutzbar wäre ein solches Magnetfeld unter anderem für die Festkörperforschung und die Kernfusion, sie könnte Forschern aber auch helfen, das sogenannte Quantenlimit zu erreichen – einen Zustand, bei dem alle Elektronen eines Materials im Grundzustand gefangen sind.

Magnetfelder gehören zu den grundlegendsten Phänomenen der Physik und haben große praktische Bedeutung unter anderem für Supraleiter, Elektronik, Halbleiter und das Verhalten von Materialien auf Atomebene. Auch Teilchenbeschleuniger und Fusionsreaktoren benötigen starke Magnetfelder, um Teilchenstrahlen oder Plasma einzuschließen.

Megagauss-Feld durch Implosion

Doch Feldstärken von mehr als 1.000 Tesla zu erreichen, ist schwierig und kann extrem zerstörerisch sein. Denn bei diesen Intensitäten wirken Kräfte, die einem Druck von fast 60 Tonnen auf jeden Quadratmillimeter des Materials entsprechen. Bisher ließen sich solche Megagauss-Felder nur erzielen, indem mithilfe von Sprengstoff ein metallischer, magnetisierter Zylinder zur Implosion gebracht wird.

Das Problem: „Solche Experimente sind nur auf Sprengstoff-Testgeländen oder in speziellen Bombenkammern möglich“, erklären Daisuke Nakamura von der Universität Tokio und seine Kollegen. „Es ist zudem schwer, sie zu präzise kontrollieren., was ihren Einsatz in Festkörperphysik begrenzt.“ Man kann zwar statt des Sprengstoffs auch Hochspannung einsetzen, um den Metallzylinder zur Implosion zu bringen, bisher erreichten diese sogenannte elektromagnetische Flux-Kompression (EMFC) aber nur Feldstärken unter 1.000 Tesla.

Schematischer Aufbau des Experiments: Die Implosion des Metallzylinders (Liner) komprimiert das Magnetfeld und verstärkt es. © Nakamura et al. /AIP

Das Experiment

Diese Grenze haben Nakamura und sein Team nun dank optimierter EMFC-Technik überwunden. Für ihr Experiment nutzten sie eine 13 Zentimeter große Magnetspule, die den metallischen „Liner“ in Form eines Kupferzylinders umgab. Durch ihn verliefen die Feldlinien eines Ausgangs-Magnetfelds von 3,2 Tesla. Damit die Komponenten den gewaltigen Kräften standhalten, war der gesamte Aufbau in einem massiven Stahlblock eingeschlossen und wurde zusätzlich durch Pressen gesichert.

Im eigentlichen Versuch speisten die Forscher über Kondensatoren eine Hochspannung von 50 Kilovolt ein und brachten den Kupfer-Liner so zur Implosion. Mit gut fünf Kilometern pro Sekunde komprimierten sich der Metallzylinder und das durch ihn laufende Magnetfeld. Diese abrupte Kompression erhöhte die magnetische Feldstärke auf 1.200 Tesla – einen neuen Rekordwert.

„Beginn einer neuen Ära“

„Dies ist das höchste Magnetfeld, das jemals mit der EMFC-Technik erzeugt worden ist“, konstatieren Nakamura und seine Kollegen. „Man kann daher ohne Zweifel sagen, dass diese Ergebnisse den Beginn einer neuen Ära für die Produktion und Nutzung ultrastarker Magnetfelder für Experimente in der Festkörperphysik, aber auch der Plasmafusion darstellen.“ Denn gängigen Theorien nach sind Magnetfelder von mindestens 1.000 Tesla nötig, um eine Kernfusion in Plasma aufrechtzuerhalten und zu kontrollieren.

Spannend sind die erreichten Werte auch für die Grundlagenforschung. Denn mit ihrer Hilfe könnten Physiker das Quantenlimit erreichen – einen Zustand, bei dem alle Elektronen in einem Material im Grundzustand gefangen sind. Bisher lässt sich dieser energieärmste Zustand eines Systems nur durch extremes Herunterkühlen erreichen. Doch der Theorie nach könnte auch ein Magnetfeld von mehr als 1.000 Tesla dieses Quantenlimit erreichen. (Review of Scientific Instruments, 2018; doi: 10.1063/1.5044557)

(American Institute of Physics, 18.09.2018 – NPO)

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