Polykarbonat-Kunststoffe sind vielseitig und widerstandsfähig, doch sie enthalten gesundheits- und umweltschädliches Bisphenol-A. Jetzt haben indische Wissenschaftler eine neue Methode entwickelt, um diese Kunststoffe biologisch abzubauen – ohne dass dabei Bisphenol freigesetzt wird. Ihre wichtigsten Helfer dabei: Pilze.
Polykarbonate begegnen uns in CDs und DVDs, in Brillengläsern, Flugzeugfenstern oder Verpackungen. Die extrem widerstandsfähigen Kunststoffe sind unempfindlich gegenüber Strahlung, Witterung oder Druck. Einen Haken gibt es jedoch: die meisten von ihnen enthalten Bisphenol-A (BPA), eine gesundheitsschädliche Chemikalie. Sie entfaltet Hormon-ähnliche Wirkung und steht im Verdacht, Erbgut schädigend zu sein. Die Jahresproduktion des Bisphenol-A liegt bei immerhin rund drei Millionen Tonnen pro Jahr. Problematisch wird es immer dann, wenn das Bisphenol beispielsweise durch Säuren aus dem Kunststoff gelöst oder im Abbauprozess freigesetzt wird.
Polykarbonate mit Pilzbefall
Deshalb wird weltweit nach neuen Methoden gesucht, Bisphenol-haltige Kunststoffe umwelt- und gesundheitsschonender abzubauen als bisher. Ein neues, biologisches Verfahren haben nun Mukesh Doble und Trishul Artham vom Indian Institute of Technology in Madras entwickelt. Ihr wichtigster Helfer dabei: Pilze.
In ihren Versuchen warfen die Forscher Polykarbonat-Kunststoffe drei verschiedenen Pilzarten „zum Fraß“ vor: einem kommerziell erhältlichen Zersetzerpilz, Phanerochaete chrysosporium, der vielfach zur Umweltsanierung verseuchter Böden eingesetzt wird, sowie zwei aus dem Boden isolierten Wildstämmen, Engyodontium album und Penicillium sp. Vor dem Pilzbesatz wurde ein Teil der Kunststoffe mit Hitze vorbehandelt, ein anderer Teil mit UV-Licht, ein dritter Teil erhielt keinerlei Vorbehandlung.
Pilze nutzen Bisphenol-A als Energiequelle
Es zeigte sich, dass die Pilze das vorbehandelte Plastik gut abbauen konnten. Und das wichtigste dabei: Es wurde kein Bisphenol-A freigesetzt. Beim UV-behandelten Polykarbonat registrierten die Forscher einen Gewichtsverlust von immerhin gut fünf Prozent nach einem Jahr der Zersetzung durch die beiden Bodenpilz-Stämme. Der kommerzielle Pilzstamm dagegen zeigte kaum Anzeichen für Zersetzungsaktivität. Die Bodenpilze nutzten offenbar das Bisphenol-A und andere Bausteine des Kunststoffs erfolgreich als Energiequelle. Wenig effektiv waren die Abbauversuche mit unbehandeltem Polykarbonat. Hier tat sich auch nach einem Jahr des Pilzbesatzes kaum etwas.
Ansätze für großtechnische Anwendungen
Nach Ansicht der Forscher eröffnet die Zersetzung durch Pilze vielversprechende Möglichkeiten. So könne die Geschwindigkeit und das Ausmaß des Abbaus sicher noch gesteigert werden, in dem gezielt nach effektiven Pilzstämmen gesucht werde. Auch die Isolation der verantwortlichen Enzyme sei ein Weg zur großtechnischen Anwendung. Noch sei aber zu wenig über die von den Pilzen genutzten Abbau-Mechanismen bekannt. Die Studie der Wissenschaftler ist jetzt in der Fachzeitschrift „Biomacromolecules“ erschienen.
(American Chemical Society, 04.02.2010 – NPO)