Materialforschung

Platin schlägt Nanoblasen

Edelmetall oxidiert schneller als erwartet – auch im Auto-Katalysator

Platinblase
Elektronenmikroskopischer Blick in das Innere einer Platinblase. Solche Blasen entstehen auch im Fahrzeug-Katalaysator. © DESY, Satishkumar Kulkarni

Überraschend reaktiv: Das sonst so beständige Edelmetall Platin verändert sich im Auto-Katalysator und anderen technische Geräten schneller als erwartet. In Anwesenheit von Hitze und Spannung entstehen mit Sauerstoff gefüllte Platinblasen, die an ihrer Innenseite unerwartet stark oxidieren. Platinhaltige Geräte, wie beispielsweise Abgas-Katalysatoren im Auto, können durch diese Reaktion an Wirksamkeit einbüßen, wie die Forscher berichten.

Das Übergangsmetall Platin gilt ähnlich wie Gold als besonders edel. Denn wie dieses ist es gut formbar, dicht und besonders beständig. Wegen seiner chemischen Reaktionsträgheit korrodiert das Edelmetall kaum und läuft nicht an. In der modernen Technik ist Platin aber wegen einer anderen Eigenschaft besonders begehrt: Es ist ein guter Katalysator und wird deshalb beispielsweise in Fahrzeugen zur Abgasreinigung eingesetzt.

Doch der Katalysator im Auto hält nicht ewig, seine Effizienz nimmt im Laufe der Zeit deutlich ab. Einen der Gründe haben Forscher vor einigen Jahren aufgedeckt: Die winzigen Platinpartikel im Katalysator lagern sich um und bilden kleine Türmchen, die die aktive Oberfläche verringern.

Platinschicht im Test

Es gibt aber noch einen zweiten Grund, wie nun Thomas Keller vom Deutschen Elektronen- Synchrotron (DESY) in Hamburg und sein Team herausgefunden haben. „Platin ist ein technisch sehr wichtiges Material“, sagt Keller. „Es ist nicht umfassend geklärt, unter welchen Bedingungen Platin oxidieren kann. Diese Bedingungen genauer zu erkunden, ist für zahlreiche Anwendungen von Bedeutung.“

Für ihre Studie untersuchten die Forscher eine dünne Platinschicht auf einem Yttrium-stabilisierten Zirkonkristall (YSZ-Kristall) – diese Kombination findet sich auch in der sogenannten Lambda-Sonde der Fahrzeug-Katalysatoren. Die aufgedampfte Platinschicht dient dieser Sonde als Elektrode. Keller und sein Team setzten den YSZ-Kristall im Experiment einer Spannung von 0,1 Volt und einer Temperatur von 450 Grad Celsius aus – Bedingungen, wie sie in vielen technischen Geräten herrschen.

Sauerstoffdruck wölbt Blasen auf

Überraschend jedoch: Beim Erhitzen sammelte sich unter der dünnen Platinschicht Sauerstoff unter immer höherem Druck. Dieser erreichte Werte von bis zu zehn bar, das entspricht dem Druck in einem LKW-Reifen. Unter Einfluss dieses Sauerstoffdrucks und der erhöhten Temperatur schlug die Platinschicht winzige Blasen, typischerweise mit einem Durchmesser von einem Mikrometer.

Platinblase 2
Querschnitt einer Platinblase. Blau: Platin, Grün: Platinoxid. © DESY/ Satishkumar Kulkarni,Thomas F. Keller

Um herauszufinden, was sich im Inneren dieser Platinbläschen befindet, schnitten die Wissenschaftler sie mit einem fokussierten Ionenstrahl der Länge nach auf. Dabei zeigte sich: Die Bläschen waren auf der Innenseite von einer bis zu 85 Nanometer dicken Platinoxidschicht gesäumt – Hinweis auf eine überraschend starke Oxidierung des Metalls.

Folgenreich für technische Anwendungen

Die Forscher vermuten, dass der hohe Sauerstoffdruck innerhalb der Bläschen die Oxidation des Metalls beschleunigt. „Diese massive Oxidierung hat bereits unter Bedingungen stattgefunden, unter denen dies normalerweise nicht beobachtet wird“, berichtet Koautor Sergey Volkov von der Universität Hamburg. „Platin ist in der Regel ein hochstabiles Material und wird gerade deshalb für viele Anwendungen wie beispielsweise den Auto-Katalysator gewählt.“

Die neuen Erkenntnisse deuten nun darauf hin, dass sich die Beständigkeit von Edelmetallen wie Platin unter bestimmten Bedingungen deutlich verringern kann. „Das muss berücksichtigt werden, um die Vorgänge an der Phasengrenze von Gas. Elektrode und Elektrolyt in solchen elektrochemischen und memresistiven Geräten korrekt zu beschreiben“, so die Forscher. (Solid State Ionics, 2019; doi: 10.1016/j.ssi.2018.11.009)

Quelle: Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY

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