Technik

Quantenchip knackt 1.000-Qubit-Marke

IBM-Quantenprozessor "Condor" rechnet mit 1.121 supraleitenden Quantenbits

Quantenchips
Inzwischen gibt es erste Quantenchips mit mehr als tausend Qubits. © blackdovfx/ Getty images

Neue Größenordnung: IBM hat erstmals einen Quantenprozessor vorgestellt, der mit mehr als 1.000 Qubits rechnet. Der neue Quantenchip „Condor“ besteht aus 1.121 supraleitenden Quantenbits, die in Bienenwabenform angeordnet sind. Parallel dazu hat IBM Research den kleineren, „nur“ 133 Qubits großen Quantenchip „Heron“ vorgestellt, der dank eines neuartigen Systems wesentlich stabiler, länger und fehlerfreier laufen soll als bisherige Modelle.

Große Technikkonzerne wie Google, IBM und Co, aber auch staatliche Akteure arbeiten schon seit Jahren an der Entwicklung praktisch einsetzbarer Quantencomputer. Als Voraussetzung dafür gelten zum einen eine ausreichend hohe Zahl von Qubits, die möglichst lange stabil in Überlagerung und Verschränkung bleiben – nur dann können sie die nötigen Rechnungen durchlaufen. Hemmschuh dabei ist jedoch, dass die Kohärenz der Qubits mit wachsender Anzahl immer anfälliger für Störungen wird. Bisher umfassten Quantencomputer wie IBMs „Quantum Eagle“ oder Googles „Sycamore“ daher „nur“ 127 beziehungsweise 64 Qubits.

Supraleitender Quantencomputer
Die meisten heutigen Quantencomputer beruhen auf supraleitenden Spulen, in denen Ladungszentren sogenannte Transmon-Qubits bilden. © Mviamonte/ iStock

Ein weitere Voraussetzung für praktisch nutzbare Quantencomputer ist eine geringe Fehlerquote. Weil die Fehleranfälligkeit ebenfalls mit der Qubit-Anzahl steigt, sind Fehlerkorrektursysteme nötig, beispielsweise in Form spezieller „Wächter-Qubits“ oder der „Zero Noise Extrapolation“ getauften Methode.

„Condor“: 1.121 Quantenbits auf einem Chip

Jetzt meldet IBM Research in beiden Aspekten – Qubit-Zahl und Fehlerkorrektur – neue Fortschritte. So stellte das Unternehmen am 4. Dezember erstmals einen Quantenprozessor mit 1.121 Qubits vor – der „Condor“ getaufte Quantenchip ist der erste, der die Tausender-Marke knackt. Wie schon seine Vorgänger beruht er auf Qubits in Form supraleitender Ladungspunkte, sogenannten Transmons, die im Chip in einer Art Bienenwaben angeordnet sind.

„Condor verschiebt die Grenzen der Skalierung und des Chip-Designs durch eine 50 Prozent höhere Qubit-Dichte und Verbesserungen in der Qubit-Herstellung“, erklärt Jay Gambetta von IBM Research. Der neue Quantenchip enthalte mehr als eine Meile an hochdichten cryogenischen Verkabelungen, integriert in ein Kühlsystem. Der neue Condor-Chip bringt zwar nur wenig mehr Leistung als bisherige Quantenchips, soll aber dabei helfen, die Skalierung und das Hardware-Design weiterzuentwickeln, wie Gambetta erklärt.

Heron-Chip
Der neue „Heron“-Quantenchip von IBM soll danke verbesserter Stabilität und Fehlerkorrektur drei bis fünfmal höhere Leistungen erbringen als bisherige Systeme.

„Heron“: Weniger Qubits, aber bessere Fehlerkorrektur

Für das tatsächliche Quantenrechnen setzt IBM Research jedoch nicht mehr nur auf möglichst große Qubit-Zahlen. Stattdessen sollen primär die Technologien zur Fehlerkorrektur und Stabilität ausgebaut werden. Erstes Beispiel dafür ist der ebenfalls vor wenigen Tagen vorgestellte neue Quantenchip „Heron“. Er umfasst zwar „nur“ 133 Qubits und damit kaum mehr als sein Vorgänger „Eagle“. Dafür sind die neuesten Technologien zur Fehlerkorrektur eingebaut und das System soll stabil genug sein, um knapp 3.000 Logikgatter ohne Zerfall der Kohärenz zu durchlaufen.

„Heron bietet eine drei bis fünfmal bessere Leistung als unser vorheriges Flaggschiff, der 127-Qubit-Prozessor Eagle“, sagt Gambetta. Außerdem werde der störende „Crosstalk“ – also gegenseitige Störeinflüsse der Qubits – fast völlig eliminiert. Der neue Heron-Quantenchip bildet die Grundeinheit für das IBM Quantum System Two, ein modularer Quantencomputer aus bisher drei Heron-Quantenchips, den das Unternehmen zum Kern weiterer Entwicklungen machen will.

Die weiteren Pläne

Allerdings: Universell einsetzbar ist auch das neue Quantensystem noch lange nicht – dafür wären nach Schätzungen von Experten Millionen Qubits nötig. Insofern ist der Weg zu einem alltagstauglichen Quantencomputer noch weit. Dennoch sehen Unternehmen wie Google oder IBM in ihren Ansätzen wichtige erste Schritte auf dem Weg dahin.

IBM plant, bis 2024 den Heron-Quantenchip so weit zu optimieren, dass er mehr als 5.000 Logikgatter durchlaufen kann. 2033 soll ein neues System namens „Blue Jay“ dann mithilfe von 2.000 Qubits die Marke von einer Milliarde Logikgatter erreichen, so der Plan. Parallel dazu arbeitet IBM Research zudem an neuen, noch effizienteren Fehlerkorrektursystemen.

Quelle: IBM Research, Nature News

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