Deutsche Forscher haben die weltweit erste experimentelle Umsetzung eines künstlichen Neuronalen Netzes auf einem einfachen Quantencomputer realisiert. Damit ist ein wichtiger Schritt in Richtung auf einen praxistauglichen Quantencomputer getan.
Die Simulation der Wissenschaftler von Siemens Corporate Technology (CT) zur Erkennung von Mustern überprüften Wissenschaftler der TU München in einem Magnetresonanzspektrometer (NMR). Das System mit zwei so genannten Qubits bestätigte alle Ergebnisse.
Qubits lösen Bits ab
Konventionelle Computer stoßen hinsichtlich der Miniaturisierung bei gleichzeitiger Steigerung der Leistungsfähigkeit in einigen Jahren an ihre physikalischen Grenzen. Wissenschaftler erwarten daher, dass Computer künftig nicht mit Bits, sondern auch mit Qubits rechnen. Während ein Bit nur entweder 0 oder 1 darstellen kann, können Qubits aufgrund der seltsamen Eigenschaften der Quantenwelt zur selben Zeit verschiedene Zustände einnehmen und zudem mit anderen Qubits verschränkt sein. Neben einem Geschwindigkeitsvorteil erhofft man sich dadurch auch eine Reduktion des Energieaufwandes, der für heutige Großrechenanlagen bereits erheblich ist.
Die Experten von CT verwendeten für ihren Quantencomputer Ergebnisse aus der Forschung mit speziellen Neuronalen Netzen, die für die Erkennung von Mustern geeignet sind. Als Muster verwenden sie Punkte, die jeweils zwei Farben annehmen können. Diese stellen sie über Qubits dar. Mit ihrem selbst entwickelten Algorithmus können die Forscher nun vorhersagen, wie sich ein realer Quantenprozessor verhalten würde, wenn man ein neues Farbmuster anlegt. Die Simulation vergleicht dieses Muster mit abgespeicherten Mustern und gibt den Ähnlichkeitsgrad an.
Erster Test bestanden
Die realen Versuche nahmen Forscher der TU München in einem NMR-Spektrometer vor. In einer Lösung bei Raumtemperatur befand sich Natriumformiat, das ein Kohlenstoff- und ein Wasserstoffatom enthält. Beide Teilchen bilden in starken Magnetfeldern jeweils ein Qubit. Die gemessenen Signale des realen Quantencomputers entsprachen dabei exakt den vorherberechneten Signalen.
Damit haben die Forscher gezeigt, dass ihr Algorithmus für einen Quantencomputer in der Praxis korrekte Ergebnisse liefert. Eine schnellere Mustererkennung – das Fernziel der Entwicklung – könnte bei Siemens breit Anwendung finden, ob in der Medizin-, der Automatisierungs- oder Energietechnik.
Für komplexe Probleme wie beispielsweise die Identifikation von Gensequenzen wäre ein Quantencomputer besonders geeignet. Die Vision ist ein Hybrid- Prozessor, der mit konventioneller Technik und quantenmechanischen Methoden arbeitet. Die meisten Operationen würden mit konventionellen Chips bewältigt, bestimmte Aufgaben aber an einen Quantenprozessor ausgelagert.
(idw – Siemens, 12.03.2008 – DLO)